Die Geschichte der „abtrünnigen Provinz“

von Redaktion

Die Republik Taiwan ist ein Ergebnis des chinesischen Bürgerkriegs – Insel war nie ein Teil der Volksrepublik

Peking/Taipeh – China betrachtet Taiwan bis heute als „abtrünnige Provinz“ und droht immer wieder mit der militärischen Eroberung der demokratisch regierten Insel. Der Konflikt geht auf den chinesischen Bürgerkrieg zurück, in dem die Kommunisten unter Mao Zedong von 1927 bis 1949 die regierenden Nationalisten unter Chiang Kai-shek bekämpften. Nach dem Sieg der Kommunisten und der Ausrufung der Volksrepublik China durch Mao Zedong im Jahr 1949 flohen die unterlegenen Nationalisten, die sogenannten Kuomintang, nach Taiwan, wo seitdem die schon 1912 gegründete Republik China weiterlebt. Taiwan war erst wenige Jahre zuvor, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1945, aus der japanischen Kolonialherrschaft entlassen worden und fiel an die Republik China. Insofern war die Insel Taiwan de facto nie ein Teil der Volksrepublik China.

Der Nationalisten-Führer Chiang Kai-shek regierte Taiwan über Jahrzehnte mit harter Hand als Diktator und wollte sogar das kommunistische Festland zurückerobern. Erst sein Sohn Chiang Ching-kuo öffnete Taiwan in den 1980er-Jahren langsam. Heute ist das Land mit seinen rund 24 Millionen Einwohnern eine der fortschrittlichsten Demokratien der Welt – und ein wichtiger Exporteur von Halbleiterprodukten. Offiziell anerkannt wird die Inselrepublik allerdings nur von den wenigsten Staaten, auch nicht von der Bundesrepublik Deutschland.

Die USA brachen ihre diplomatischen Beziehungen zu Taipeh 1979 ab und erkannten im Zuge der sogenannten „Ein-China-Politik“ die Regierung in Peking an. Die „Ein-China-Politik“ besagt, dass Staaten, die diplomatische Beziehungen zur Volksrepublik aufnehmen, anerkennen müssen, dass Hongkong, Macao und Taiwan ein Teil Chinas sind. Gleichzeitig verpflichtete sich Washington allerdings, Taiwan mit Verteidigungswaffen zu beliefern, und dringt darauf, dass eine Vereinigung mit China nur auf friedlichem Wege erfolgen dürfe.

Danach sieht es allerdings nicht aus: Die Mehrheit der Bürger Taiwans sieht sich nicht mehr als Chinesen; stattdessen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine eigene taiwanische Identität entwickelt. Ein Teil der kommunistischen Volksrepublik zu werden, ist für sie eine Horrorvorstellung.

Doch Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping erhöht seit Jahren den Druck. Immer wieder dringen Kampfjets in die taiwanische Luftverteidigungszone ein, auch die verbalen Drohungen aus Peking nehmen zu. Schon im Jahr 2027, zum 100. Jahrestag der Gründung von Chinas Volksbefreiungsarmee, könnte Peking Analysten zufolge Ernst machen und versuchen, Taiwan militärisch zu erobern. Mit massivem Widerstand der Taiwaner ist zu rechnen.

SVEN HAUBERG

Artikel 2 von 4