Bei Solar, Wasserkraft und Biomasse spitze – bei Windkraft abgeschlagen

von Redaktion

München – Bayern, das Land der Berge und Seen, der Kühe und Misthaufen, der Felder und Wälder. Vom Münchner Olympiaturm aus zeigt sich das ganze Alpenpanorama, nur kleine Kirchtürme spitzeln zwischen den Hügeln des Voralpenlandes heraus, kein Windrad stört den Blick. Und vom Gipfel der Zugspitze aus sieht man an klaren Tagen die riesigen Dampfwolken über dem Atomkraftwerk Isar 2, das gerade Besuch von CSU-Chef Markus Söder und CDU-Chef Friedrich Merz hatte, die fordern, dass es länger am Netz bleibt. Bayern, ein Atomland, in dem erneuerbare Energien keine Chance haben?

Dieses manchmal in Berlin verbreitete Bild ärgert die Staatskanzlei und ist übrigens wie die meisten Klischees über Bayern: nicht völlig aus der Luft gegriffen, aber eben auch nicht richtig. Fakt ist nämlich, dass Bayern mit fast 39 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr deutlich mehr grünen Strom produziert als fast alle anderen Bundesländer, Nur das Windland Niedersachsen ist mit 47 Milliarden Kilowattstunden besser. Und: Etwa die Hälfte des Stroms im Freistaat stammt aus Erneuerbaren Energien, was über dem Bundesdurchschnitt liegt.

„Bayern steht in den meisten Bereichen relativ gut da“, bestätigt Magnus Doms von der Agentur für Erneuerbaren Energien. Die der CSU-Nähe unverdächtige Lobbygruppe sammelt auf Grundlage von Quellen wie der Bundesnetzagentur Daten zur Energiewende aus den Bundesländern. Demnach erzielt Bayern bei Photovoltaik, Wasserkraft und Biomasse den Spitzenplatz im Bund (siehe Tabelle). Etwa ein Viertel des in Deutschland aus Sonnenenergie erzeugten Stroms stammt aus dem Freistaat, bei der Wasserkraft sind es sogar rund zwei Drittel.

„Bayern profitiert hier von seinen geologischen und geografischen Voraussetzungen“, erklärt Energieexperte Doms. Durch die Lage an den Alpen gebe es viele Gewässer und die für Wasserkraft nötigen Höhenunterschiede. Die dörfliche und landwirtschaftliche Prägung sei zudem die Basis für die Stärke bei der Biomasse. Und weil es vergleichsweise viele Hausbesitzer gibt, die in der Regel auch noch das nötige Kleingeld haben, bauen sich überdurchschnittliche viele Bayern eine Photovoltaik-Anlage auf das Dach. Das rechnet sich auf lange Sicht, denn in Alpennähe scheint die Sonne öfter als an der Küste, wo dafür mehr Wind weht. So weit, so gut. Doch was ist mit den Windrädern, die Wirtschaftsminister Robert Habeck so hartnäckig von Söder fordert?

„Hier sieht es wirklich sehr bescheiden aus“, sagt Magnus Doms von der Agentur für Erneuerbare Energien. Zwar liege Bayern in absoluten Zahlen vor den Flächenländern wie Baden-Württemberg, Hessen oder Thüringen. Das sei aber der schieren Größe des Freistaates geschuldet. Rechne man den Windstrom auf die verfügbare Fläche herunter, würden diese Bayern wieder überholen. Eine miserable Bilanz, die sonst fast nur kleine Stadtstaaten haben. Schuld an der Windkraft-Flaute seien lange Genehmigungsverfahren, massive Bürgerproteste und die von Ex-Ministerpräsident Horst Seehofer eingeführte Abstandsregel 10H. Sie habe dafür gesorgt, dass es kaum Flächen für neue Windräder gebe, so Magnus Doms. Es ist also wie so oft: Wo es Licht gibt, da gibt es auch Schatten – und ungenutzten Wind.

Der wird aber nötig, wenn es in Bayern im Winter richtig schattig wird. Dann erzeugen die Solaranlagen kaum Energie und man muss andere Quellen anzapfen. Bei der Wasserkraft sei das Potenzial aber nahezu ausgereizt und für mehr Biogas müsste das Baurecht geändert werden, zählt Doms auf. Bleibt im Bereich der Erneuerbaren Energien also doch wieder nur die Windkraft. Das weiß auch die CSU. Auf Druck aus Berlin weicht sie gerade die 10H-Regel auf, so dass in Wäldern, auf Gewerbeflächen oder entlang der Autobahnen endlich mehr Anlagen gebaut werden können.

Doch laut Bundesverband Wind reicht die Lockerung nicht einmal für die von Söder versprochenen 800 neuen Windräder. Bayern habe eigentlich angemessene und sinnvolle Ziele, bilanziert Doms. „Konterkariert wird das Ganze aber durch die Hürden, die der Windenergie gesetzt wurden.“ Ohne sie gehe es aber nicht – auch in Bayern, warnt der Experte. „Die Windenergie liefert gerade in kalten Monaten mehr Strom. Und da sollen die Bayern in Zukunft ja nicht mehr mit Gas, sondern mehr mit strombetriebenen Wärmepumpen heizen. ANDREAS HÖSS

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