„Das Land muss die Städte mit grüner Energie versorgen“

von Redaktion

5 FRAGEN AN

Wäre der Rest der Republik so aufgestellt wie Wildpoldsried, würde uns die Energiekrise kaum schrecken, sagt Serafin von Roon. Der Geschäftsführer der Münchner Forschungsstelle für Energiewirtschaft erklärt, wie die Energiewende gelingen kann.

Strom aus Wind und Sonne, Wärme aus Biomasse – rechnet sich das?

Wenn man sein System auf Erneuerbare Energien umbaut, hat man kapitalintensivere Anlagen mit weit geringeren Betriebskosten. Damit macht man sich viel resilienter gegen Schwankungen an den Energiemärkten. Es ist eine Versicherung: Man nimmt jetzt Geld in die Hand und hat dafür kaum laufende Kosten.

Wildpoldsried als Vorbild für ganz Deutschland?

Wie bei der Landwirtschaft ist es mit der grünen Energie: Auf dem Land muss mehr erzeugt werden, damit die Städte versorgt werden können. Dort werden dann Güter produziert und Arbeitsplätze geschaffen – was auch der Landbevölkerung nutzt. Deshalb sind Modelle wie Wildpoldsried, wo große Überschüsse produziert werden, der richtige Weg für die Energiewende.

Können wir klimaneutral und energiesicher sein?

Ja, das können wir. Die Frage ist nur wie und zu welchen Preisen. Wir können Photovoltaik und Windkraft stark überbauen und als Reserve einige billige Gaskraftwerke anschaffen, die die zwei Wochen – alle paar Jahre – ausgleichen, in denen wirklich weder Wind noch Sonne ausreichend verfügbar sind. Die können perspektivisch mit Wasserstoff oder grünem Erdgas betrieben werden. Wir haben ausgerechnet, dass eine Umlage von unter einem Cent pro Kilowattstunde reichen würde, um diese Sicherungsflotte von einigen Gigawatt zu finanzieren und Energiesicherheit zu garantieren. Warum eine Umlage? In der Diskussion um „Übergewinne“ würde kein Investor ein Sicherungskraftwerk bauen.

Ist die EEG-Vergütung noch sinnvoll?

Die Betreiber bekommen ja nicht den Marktpreis plus Förderung, es wird nur die Differenz zum Marktpreis gefördert. Wegen der hohen Preise gehen die Förderkosten für die Gesellschaft gegen null – ich denke, das wird auch so bleiben.

Blick auf die Krise – wo ist jetzt der größte Hebel?

Definitiv im Bereich Wärme, wo etwa die Hälfte der Energie verbraucht wird. Das heißt, wir müssen schnell dämmen und Wärmepumpen einbauen. Zur Lösung trägt zudem grüne Fernwärme bei, die mit Tiefengeothermie, Biomasse, Abwärme und Großwärmepumpen gespeist werden kann.

Interview: Matthias Schneider

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