Keine Abfindung für Schlesinger

von Redaktion

RBB-Verwaltungsrat spricht fristlose Kündigung aus – Interims-Intendant soll den Sender aus der Krise führen

Berlin – Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme, Verschwendung – die Vorwürfe gegen Patricia Schlesinger wiegen schwer. Seit gestern ist klar: Die vor einer Woche abberufene RBB-Intendantin wird fristlos entlassen. Ohne Abfindung oder Ruhegeldzahlungen. Die Entscheidung teilte Dorette König, amtierende RBB-Verwaltungsratsvorsitzende, nach einer Sitzung am Montag mit. Zudem soll ein Interims-Intendant für die RBB-Geschäftsleitung eingesetzt werden. Er soll helfen, den öffentlich-rechtlichen ARD-Sender aus der Krise zu führen. Ein Name für einen Übergangs-Intendanten wurde noch nicht genannt.

König sagte, man werde Schlesinger vorsorglich außerordentlich fristlos zu kündigen. Die Entscheidung sei mehrheitlich gefallen. Man wolle die Rechte des RBB gegenüber der 61-Jährigen im Interesse der Beitragszahler bestmöglich wahren. Vor einer Woche war Schlesinger vom Rundfunkrat – dem zweiten Kontrollgremium – bereits abberufen worden. Der Deutsche Journalisten-Verband begrüßte die fristlose Kündigung, die auch Landespolitiker gefordert hatten.

Schlesinger ließ über ihren Anwalt zur Kündigung mitteilen: „Ich bedaure diese Entscheidung, die offensichtlich politisch motiviert ist, um einen Sündenbock zu haben. Dieses Vorgehen ist durch die Faktenlage keinesfalls gedeckt.“ Weiter hieß es: „Die Untersuchungen sind längst nicht abgeschlossen. Ich sehe ihrem Ergebnis zuversichtlich entgegen.“

Der Verwaltungsrat äußerte sich am Montag auch zu der Idee eines Interims-Chefs für den Sender. Man sei der Überzeugung, dass die Strukturanalyse und Neuaufstellung nur glaubwürdig durch externe Unterstützung gelingen kann, wie König weiter sagte. Man wolle in den nächsten Tagen einen Fahrplan dafür entwickeln. Man habe die aktuelle RBB-Geschäftsleitung zugleich gebeten, zur Sicherstellung der Stabilität ihre Aufgaben zunächst weiter wahrzunehmen. Am Donnerstag tagt der Rundfunkrat – das zweite Kontrollgremium – wieder.

König bejahte die Frage, ob der Rat wolle, dass Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter, der die Geschäfte aktuell führt, Platz für einen Interims-Intendanten auf dem höchsten Senderposten macht. Der Rat forderte aber nicht den sofortigen Rücktritt Brandstäters, der derzeit krankgeschrieben ist. Am Wochenende gerieten er und die RBB-Geschäftsleitung wegen der Aufarbeitung der Vorwürfe immer stärker in die Kritik. Die ARD-Intendantinnen und -Intendanten haben das Vertrauen in die RBB-Geschäftsleitung in der Aufarbeitung der Krise verloren.

Schlesinger sieht sich seit Ende Juni durch Medienberichte zahlreichen Vorwürfen des Filzes und der Vetternwirtschaft ausgesetzt. Sie war seit Jahresbeginn ARD-Vorsitzende und seit 2016 RBB-Intendantin. Von beiden Ämtern trat sie zurück. Im Zentrum des Skandals steht neben Schlesinger auch der zurückgetretene RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf. Es geht unter anderem um umstrittene Beraterverträge für ein RBB-Bauprojekt, um Abstimmungen zwischen beiden zum Gehalt und Boni für Schlesinger. Und um Aufträge für ihren Ehemann.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen alle drei wegen Untreue und Vorteilsannahme. Es gilt die Unschuldsvermutung. Es läuft zudem eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei. ANNA RINGLE

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