HINTERGRUND

Der undurchsichtige Abramowitsch

von Redaktion

Um den russischen Oligarchen Roman Abramowitsch ist es still geworden seit dem russischen Überfall auf die Ukraine. Nachdem der sowieso schon öffentlichkeitsscheue Milliardär seinen Fußballclub, den FC Chelsea, verkauft hat, wollte er als Vermittler zwischen den Kriegsparteien auftreten. Doch seine Rolle ist umstritten.

Abramowitsch machte sein Vermögen in der russischen Öl- und Stahlindustrie. Das Geld gibt er gerne aus: Für Luxusautos, Yachten, Privatjets und Immobilien auf der ganzen Welt. Eine davon steht in Garmisch-Partenkirchen – betreten hat er das historische Leitenschlössl aber offenbar schon lange nicht mehr. Abramowitsch wird eine Nähe zum Kreml nachgesagt, die er bestreitet. Großbritannien und die EU froren trotzdem seine Konten ein, sperrten seine Visa. Dagegen hat Abramowitsch, gemeinsam mit anderen Oligarchen wie Alischer Usmanow, Klage bei der EU eingelegt – noch ohne Ergebnis.

Doch nicht alle Staaten gehen so streng vor wie die EU. Israel etwa ist zurückhaltender, was Sanktionen gegen Abramowitsch angeht. Der Oligarch hält sich Medienberichten zufolge immer wieder in Tel Aviv auf, weil er unter anderem die israelische Staatsbürgerschaft besitzt. Dort spendet er viel Geld an jüdische Organisationen. Laut der „Times of Israel“ baten einflussreiche Israelis den US-Botschafter darum, keine Sanktionen gegen Abramowitsch zu verhängen. Israels Außenminister betonte aber auch, sein Land werde keine Route sein, um Sanktionen der USA oder anderen westlichen Ländern zu umgehen.

Selbst der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bat US-Präsident Biden zu Kriegsbeginn darum, den Oligarchen nicht zu sanktionieren. Selenskyj hoffte wohl, dass Abramowitsch bei Friedensgesprächen zwischen der Ukraine und Russland helfen könnte. Auch wenn die USA aktuell zwei seiner Jets beschlagnahmen wollen, wurden bislang keine schärferen US-Sanktionen gegen Abramowitsch verhängt.

Doch welche Rolle spielt Abramowitsch als Vermittler im Hintergrund? Viel dringt davon nicht nach außen. Erste Gespräche zwischen Vertretern von Russland und der Ukraine im April in Istanbul, an denen der Oligarch beteiligt gewesen sein soll, scheiterten bekanntlich. Zuletzt berichtete die britische „Sun“ jedoch, dass Abramowitsch gemeinsam mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman einen Austausch zwischen ukrainischen und russischen Kriegsgefangenen mitverhandelte. Die Russen hielten unter anderem fünf Briten gefangen. Abramowitsch, so die „Sun“, holte sie mit seinem Privatjet ab und brachte sie nach Saudi-Arabien. Von dort wurden sie nach London gebracht. REBECCA HABTEMARIAM

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