München – Kneipen zu, Kinos zu, alles zu – und zuhause bleiben. Die Corona-Pandemie war emotional anstrengend und viele schafften sich einen tierischen Freund an – vor allem Hunde. Viele der Freunde sind inzwischen im Tierheim gelandet, weil die Halter nach Corona zu wenig Zeit haben. Ein Gespräch mit Kristina Berchtold vom Tierschutzverein München über die aktuelle Situation und den Trend „Dogsharing“.
Frau Berchtold: Die Pandemie hat nicht nur die Intensivstationen, sondern auch die Tierheime gefüllt. Wie sieht die aktuelle Situation aus?
Wir sind immer noch sehr stark ausgelastet und wirklich am Anschlag. Im Sommer gab es wieder mehr Neuzugänge als Vermittlungen – wobei das im Sommer immer so ist, denn da geht es den Leuten eher um ihren Urlaub. Im Herbst oder Winter denken wieder mehr über ein Haustier nach. Viele von den Tieren, die wir aktuell haben, gehören zu denen, die während der Corona-Zeit angeschafft und nun zur Last wurden. Vor allem Hunde werden nach einem Jahr im Verhalten etwas anstrengender und verlangen nach Erziehung.
Einen Ausweg bietet der neue Trend Dogsharing – also zwei Personen teilen sich einen Hund. Sind Sie auch damit schon in Berührung gekommen?
Bei uns im Tierheim haben wir noch nicht mit Dogsharern zu tun gehabt. Grundsätzlich sind wir eher skeptisch, weil geteilte Zuständigkeiten unter Menschen zu Streitereien führen, die sich dann auf die Hunde auswirken könnten. Wir können uns aber auch vorstellen, dass das funktionieren kann. Dazu muss aber alles sehr gut organisiert sein, und die Hunde müssen bestenfalls schon bei einer der Personen eingewöhnt sein. Wir sind immer sehr darauf bedacht, dass Hunde auch immer eine gute Urlaubsbetreuung haben, und da das bei diesem Modell gegeben wäre, fänden wir das eine gute Alternative.
Könnten Dogsharer auch die Tierheime entlasten?
Wir würden wahrscheinlich keinen Hund aus dem Heim zu Sharern abgeben, aber auch das muss in jedem einzelnen Fall überprüft werden. Es kommt immer auf das Tier und den Interessenten an. Grundsätzlich wären wir aber dagegen, da gerade Tiere aus dem Heim am Anfang ein festes Zuhause und eine feste Bezugsperson brauchen.
Wie wird denn überhaupt geprüft, ob ein Hund vielleicht nicht doch mehrere Besitzer hat?
Bei uns gibt es eine Vor- und eine Nachkontrolle. Letztere sieht so aus, dass es nach drei Monaten einen unangekündigten Besuch von einem unserer Mitarbeiter gibt. Dort wird kontrolliert, ob es dem Hund tatsächlich gut geht und wie seine Lebensumstände sind. Aber auch Fragen der Besitzer werden beantwortet oder wir bieten unsere Unterstützung an, falls es in bestimmten Bereichen noch Probleme gibt.
Gibt es Tiere, die besser zum „Teilen“ geeignet sind als andere?
Wenn ein Tier sehr stark menschenbezogen ist, ist es wahrscheinlich weniger gut geeignet. Tiere, die eher Beziehungen zu ihren Artgenossen aufbauen, kommen tendenziell damit besser klar. Aber zu häufige Ortswechsel oder lange Fahrten können auch hier schwierig sein: Daher ist es besser, wenn die Besitzer in derselben Gegend leben. Nachbarn, die gemeinsam eine oder mehrere Katzen versorgen – das sollte zum Beispiel gut funktionieren, da die Katze dann ja sogar ihr festes Revier hat.
Wenn man wenig Zeit für ein Tier hat, hat das Tierheim ein alternatives Angebot – mit dem man auch das Tierheim unterstützt.
Ja. Wir brauchen immer ehrenamtliche Helfer, die zum Beispiel mit Hunden Gassi gehen. Bei uns muss man dafür aber verpflichtend ein Einführungsseminar belegen. Für den nächsten Termin steht noch kein Datum fest.
Interview: Rebecca Habtemariam