Studierendenvertretung begrüßt Waffenverbot

von Redaktion

Nach dem Vorfall vom 8. November soll jetzt wieder Ruhe einkehren an Münchens Universitäten – Landratsamt prüft Waffenschein

München – „Unzulässige Betätigungen“ ist der Titel von Paragraf 6 der Hausordnung an der Ludwig-Maximilians-Universität. Liest man die Passage, stellt man fest, dass nicht allzu viel verboten ist an der Elite-Schmiede am Geschwister-Scholl-Platz. Parteipolitische Betätigung etwa ist untersagt, sowie das Rauchen und Dampfen von E-Zigaretten. Man darf nicht auf Rollschuhen durchs Haus flitzen, Aufkleber ans historische Gemäuer pappen, Graffiti sprühen oder seinen Mops mit in die Vorlesung bringen. Waffen allerdings waren dort bisher nicht aufgeführt.

Das mag mit dem besonderen Selbstverständnis zusammenhängen. Münchens Universitäten sehen sich als freiheitlicher Ort, an dem junge Menschen friedlich neben- und miteinander lernen und debattieren. Eine Schreckschusspistole hatte diese Haltung am 8. November ins Wanken gebracht, auch wenn keine ernsthafte Gefahr bestand. Aber nachdem ein 18-Jähriger – der Sohn eines CSU-Landtagsabgeordneten aus Franken – fast provokativ seine Schreckschusspistole in der Vorlesung zur Schau trug (er hat dafür einen kleinen Waffenschein) und einen Polizeieinsatz auslöste, war die Unruhe groß.

Es gab Studentenproteste an der Uni für ein Waffenverbot. Auch Kritik an Präsident Bernd Huber, er reagiere zu langsam, wurde laut. Seit gestern hat sich Paragraf 6 im Umfang nahezu verdoppelt. Das Waffenverbot steht direkt über den E-Zigaretten und soll die bekannte Ruhe zurück an die Uni bringen.

Das wünscht sich nicht nur Huber, sondern auch die Studierendenvertretung. „Wir freuen uns. Das ist genau das, was wir gefordert hatten“, sagte Sebastian Rein unserer Zeitung. Rein spricht in diesem Fall für alle Studenten der großen Münchner Unis. Neben der LMU sind das die Technische Universität (TUM) und die Hochschule München (HM). Rein, 22, studiert Mathe an der TUM. „Das war schon ein großer Aufschrei, der gerade in den Tagen nach dem Vorfall durch die Studentenschaft ging“, blickt er zurück. Die Verunsicherung sei groß gewesen. „Was ist erlaubt, was ist nicht erlaubt? Wie muss man reagieren? Da war eine große Sorge!“

Eine Sorge, die auch Simon Hirler teilt. Der 20-Jährige studiert an der LMU Politikwissenschaften und Geschichte. „Ich war ums Eck in einem Café bei dem Vorfall und habe von da die Polizisten gesehen“, erzählt er. „Wir haben auch in der Studentenschaft darüber gesprochen. Und die Meinung war klar: Waffen haben an der Uni nichts verloren. Deswegen finde ich es richtig, dass die Hausordnung jetzt geändert wurde.“ Einlasskontrollen, sagt er, wolle niemand, die Uni sei ein „freier Ort. Aber wenn es so weit kommt, dass sich Studenten bedrängt fühlen von jemandem, der eine Waffe trägt, hat diese Freiheit auch Grenzen“.

Rein äußerte sich gestern sehr versöhnlich. Auch wenn es „einiges an Hin und Her“ gegeben habe, sei man nun froh, dass es so schnell ging. „Wir wissen, dass rechtliche Angelegenheiten einfach einen gewissen Vorlauf haben.“ Tatsächlich ist die LMU nicht übermäßig im Verzug. Die TUM hat die Hausordnung bereits ergänzt, die Hochschule hingegen ist noch dabei, die Rechtslage abzuklären. Man prüfe, „was in Bayern und anderen Bundesländern dazu für Regelungen bestehen, und zwar nicht nur im Hochschulbereich, sondern etwa auch im Schulbereich und insgesamt im öffentlichen Raum“, teilte die HM auf Anfrage mit.

Auch die Münchner Polizei begrüßt das Verbot. „Anscheinwaffen haben an einer Universität nichts verloren“, sagte ein Sprecher. Strafrechtlich verändert das Verbot aber erst mal nicht viel. Der Student, erklärte der Sprecher, habe mit dem offenen Tragen der Waffe wegen des vorhandenen Waffenscheins keinen Waffenrechtsverstoß begangen. Würde er erneut mit Waffe in der Vorlesung auftauchen, wäre das nicht anders. Jedoch könnte die LMU nun ein Hausverbot gegen ihn erlassen. Würde er dann erneut (auch ohne Waffe) an der Uni erscheinen, wäre das Hausfriedensbruch.

Sowohl Huber als auch Rein hoffen aber, dass es so weit nicht kommt. Rein: „Wir glauben an den gesunden Menschenverstand jedes Studierenden, dass er sich an die neue Hausordnung hält.“

Unterdessen prüft das zuständige Landratsamt in Kronach den kleinen Waffenschein des 18-Jährigen. Der Schein berechtigt zum Tragen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen. „Es ist ein normales Vorgehen, dass nach so einem Vorfall die Eignung des Inhabers geprüft wird“, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Zum laufenden Verfahren wollte er sich nicht weiter äußern. WOLFGANG HAUSKRECHT UND DOMINIK GÖTTLER

Artikel 2 von 4