„Man empfindet Dankbarkeit und Demut“

von Redaktion

5 FRAGEN AN

Sophie Lahusen (26) ist Hospizbegleiterin beim Christophorus Hospiz Verein München. Die gebürtige Norddeutsche begleitet unheilbar Kranke in ihren letzten Tagen, Wochen und Monaten. Im Interview erzählt die Studentin, warum sie sich für dieses Ehrenamt entschieden hat – und welches Erlebnis ihr besonders in Erinnerung geblieben ist.

Warum engagieren Sie sich als Sterbebegleiterin?

Der Tod und das Sterben waren in meiner Familie nie ein Tabuthema, sondern immer etwas Natürliches. Deshalb war Sterbebegleitung ein Ehrenamt, das mich schon lange interessiert hat. Ich finde die Aufgabe spannend und bereichernd. Durch die Begleitung muss man sich intensiv mit sich selbst auseinandersetzen und auch über seinen Schatten springen können.

Wie begleiten Sie die Menschen?

Das ist ganz individuell. Man möchte einfach da sein und Interesse zeigen. Ich lese etwas vor oder halte einfach nur die Hand des Sterbenden. Manchmal führt man tiefgründige Gespräche, oft geht es aber auch um Schmerzen. Für pflegerische Aufgaben bin ich nicht zuständig. Ich begleite immer nur eine Person und besuche sie einmal die Woche zwischen zwei und vier Stunden.

Denken Sie dadurch mehr über den Tod nach?

Nein, tatsächlich nicht. Durch die Begleitung schwer kranker Menschen lernt man viel über das Leben. Man empfindet eine extreme Dankbarkeit und Demut. Die alltäglichen Dinge relativieren sich sehr. Wenn ich mich nach einer Begleitung aufs Fahrrad setze und nach Hause fahre, merke ich, wie lebendig ich bin und wie klein meine Alltagsprobleme sind.

Tauschen Sie sich auch mit anderen Hospizbegleitern aus?

Einmal pro Monat gibt es ein freiwilliges Treffen. Das nennt sich Supervision. Und bevor man überhaupt Hospizbegleiter wird, muss man eine mehrwöchige Ausbildung machen, die auch etwas kostet. Darin lernt man, mit schwierigen Situationen umzugehen.

Welches Erlebnis ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?

Das war noch in Bremen. Ich habe einen Mann begleitet, den ich letztendlich nur drei oder vier Mal gesehen habe. Aber die Gespräche waren so intensiv. Er hat mir seine Lebensgeschichte erzählt. Als ich von seiner Frau erfahren habe, dass er gestorben ist, hat mich das emotional sehr berührt. Bei einer Sterbebegleitung erlebt man immer wieder Momente, die eine Intensität haben, die es im Alltag nicht gibt.

Interview: Jennifer Battaglia

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