3 FRAGEN AN
Im Zuge der Corona-Pandemie ist die Zahl der Organspenden eingebrochen. Aber neben dieser schlechten Nachricht gibt es viele gute, sagt Prof. Christian Hagl, Chef der Herzchirurgie im LMU-Klinikum.
Welche Fortschritte erleichtern heute Organtransplantationen?
Neue Technologien haben dazu geführt, dass das Zeitfenster zwischen der Organentnahme und der Implantation größer geworden ist. Ummantelt man ein Herz für den Transport mit Eis, so sollte die Implantation innerhalb von maximal vier Stunden erfolgen. Braucht es länger, kommt es vermehrt zu Komplikationen. Obwohl die Zeiten für andere Organe – Lunge, Leber, Niere – länger sind, besteht für diese grundsätzlich dieselbe Problematik. Aktuell werden Systeme erprobt, die im Sinne einer kleinen Herz-Lungen-Maschinen das Herz aber auch andere Organe mit Blut oder mit speziellen Lösungen versorgen, sodass sie besser geschützt sind und länger am Leben bleiben.
Was hat sich noch verbessert?
Grundsätzlich nutzen wir heute viel schonendere und kleinere Herz-Lungen-Maschinen. Das verhindert ausgeprägte Entzündungsreaktionen und Kreislaufinstabilitäten. Zudem sind die Narkoseverfahren weniger belastend. Und wir haben neue Maschinen, die in der Lage sind, ein Herz nach einer Implantation in der oft schwierigen Anfangsphase zu entlasten und zu unterstützen. So haben viele Transplantierte einen hohen Blutdruck in der Lunge, da ihr Herz nicht in der Lage war, ausreichend Blut abzupumpen. Da das neue Herz aber ein Muskel ist, kann man es entsprechend trainieren. Dank der unterstützenden Pumpen kann dies langsamer und kontrollierter geschehen.
Die Zahl der Spender sinkt. Was tun?
Natürlich würden wir uns freuen, wenn möglichst jeder einen Organspendeausweis hätte. Beinahe wichtiger ist es jedoch, mit seinen Angehörigen über das Thema zu sprechen. Es ist auch in Ordnung, wenn sich der eine oder andere am Ende bewusst dagegen entscheidet – aber es muss besprochen werden. Denn normalerweise stellt sich die Frage unerwartet: Es gibt einen Unfall, eine Hirnblutung oder ein anderes dramatisches Ereignis. das zum irreversiblen Hirntod führt. Die Angehörigen werden dann gefragt, ob sie bereit sind, ihren Partner freizugeben – und sind überfordert. Kaum einer weiß, was sein Partner in der Situation gewollt hätte. Das führt zu viel Unsicherheit. Herrscht Klarheit über den Willen des potenziellen Organspenders, ist es für die Angehörigen viel leichter.
Interview: Susanne Sasse