Acht Pässe und dubiose Kontakte: Das Phantom Jan Marsalek

von Redaktion

Elegante Kleidung, rasierter Kopf, 1,80 Meter groß: Fotos von Jan Marsalek aus der Zeit als angeblich tadelloser Geschäftsmann gibt es einige. Der am 15. März 1980 in Wien geborene Marsalek bricht die Schule ab und gründet eine Computerfirma, bevor er im Jahr 2000 bei Wirecard anheuert. Das Unternehmen befindet sich damals in seinen Anfängen, verdient erstes Geld mit Bezahlsystemen für Pornoseiten im Internet und Online-Glücksspiele.

Marsalek steigt innerhalb weniger Jahre zu einer der wichtigsten Führungspersonen auf, gefördert von Konzernchef Braun. Seine ehemaligen Mitarbeiter beschreiben ihn als gut aussehenden, „brillanten“, „gutmütigen“ und „liebenswerten“ Mann, dem „die Welt zu Füßen lag“ und der „in Flugzeugen lebte“. Aber ist das der wahre Marsalek? Seine persönliche Assistentin Sabine Heinzinger sagte im Bundestags-Untersuchungsausschuss: „Ich weiß nichts über ihn.“ Marsalek habe Beruf und Privates immer getrennt.

Jan Marsalek ist das Phantom im Wirecard-Komplex: Derzeit vermuten die Ermittler ihn in Moskau. Der 42-Jährige ist der Player, der den Wirecard-Skandal filmreif macht. Marsalek mied auf Geschäftsreisen die USA, da er – ohne Gründe zu nennen – dort Strafverfahren fürchtete. Statt mit der Datenspuren hinterlassenden Kreditkarte zahlte er lieber mit Bargeld. Marsalek pflegte Kontakte, indem er Gäste zu sich nach Hause einlud – eine Luxusvilla gegenüber dem russischen Konsulat in München. Ob Marsalek dort schon Kontakte aufbaute zu dem Land, das ihn heute versteckt halten soll? Es würde zu dem sehr speziellen Stil passen, mit dem sich Marsalek in der Welt der Wirtschaft und Politik bewegte. Hier ein Mittagessen mit Frankreichs damaligem Präsidenten Nicolas Sarkozy, dort Unterstützung für den ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch, dazu eine Freundschaft mit dem US-Pornobaron Hamid Akhavan. Marsalek nannte ihn „Darling“. Wie aus einem österreichischen Ermittlungsdokument hervorgeht, bezahlte Marsalek ab 2015 Detektive für geheime Informationen über eine Reihe von Persönlichkeiten. Auch prahlte er einmal mit Kontakten zur paramilitärischen Gruppe Wagner, zu der er nach Syrien gereist sein will.

Am 18. Juni 2020 taucht der Mann, der über acht Pässe verfügt, ab. Er täuscht eine Ausreise auf die Philippinen vor, chartert aber tatsächlich einen Privatjet, fliegt von Österreich nach Weißrussland und von dort weiter nach Russland. Geschützt vom russischen Geheimdienst soll er heute in Moskau leben.

Vor ein paar Monaten forderten die Münchner Staatsanwälte Russland auf, Marsalek auszuliefern – ohne Erfolg. dpa

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