München – Rund eine Milliarde Euro hat Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffé bislang für Gläubiger gesichert. Was werthaltige Firmenteile angeht, dürfte so ziemlich alles versilbert sein. Hoffnungen ruhen noch auf zwei potenziellen Posten, die aber beide umstritten sind.
Das sind zum einen Versicherer, bei denen Wirecard für seine Manager Haftpflichtpolicen abgeschlossen hat. Die Versicherer verweigern aber bislang die Zahlung, weil sie sich arglistig getäuscht sehen. Es geht dem Vernehmen nach um Summen von bis zu 140 Millionen Euro, über die am Ende wohl Gerichte entscheiden. Etwas zu holen sein könnte zweitens beim Wirecard-Wirtschaftsprüfer EY. Der hatte die Bilanzen des Konzerns durchgewunken, von denen man heute weiß, dass mindestens die zwischen 2015 und 2018 falsch waren. Statt, wie von EY testiert, hochprofitabel zu sein, schrieb Wirecard tiefrote Zahlen. Die Streitfrage ist, ob EY das hätte bemerken müssen und ob sich daraus eine Schadenersatzpflicht ergibt, die eventuell sogar bisherige Haftungsgrenzen für Wirtschaftsprüfer übersteigt. Nur in letzterem Fall wären bei EY höhere Beträge zu holen. Andernfalls geht es um niedrige zweistellige Millionensummen.
EY streitet jede Schuld ab und will ein Schicksal wie das von Arthur Anderson vermeiden. Das war einmal die fünfte der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften weltweit. Nach Verstrickungen in den Skandal um den untergegangenen US-Konzern Enron musste sie selbst die Segel streichen. Der deutsche Teil von Arthur Anderson ging übrigens in EY auf.
Klar ist, dass die Insolvenzmasse – auch inklusive dessen, was noch dazukommen könnte – schon von den Forderungen der bisher anerkannten Gläubiger weit übertroffen wird. Allein kreditgebende Banken und Anleihegläubiger des Unternehmens fordern rund 3,5 Milliarden Euro. Darüber hinaus versuchen Aktionäre derzeit, als gleichberechtigte Gläubiger anerkannt zu werden. Sie machen weitere rund sieben Milliarden Euro als Schadensumme geltend, was sich noch erhöhen könnte. Vor dem Landgericht München haben die Aktionäre aber gerade eine Niederlage erlitten. Vor dem Oberlandesgericht wird bald weiter gestritten.
Am Ende dürfte der Fall am Bundesgerichtshof landen. Dort wird final entschieden, ob das deutsche Insolvenzrecht mit seinen bisherigen Regeln auch vor einem bislang nie da gewesenen Fall wie Wirecard Bestand hat. Bis dato gilt, dass bei Firmenpleiten erst die Ansprüche vorrangiger Gläubiger wie Banken beglichen werden müssen. Nur wenn dann noch etwas übrig bleibt, kämen Aktionäre zum Zug. Stand heute bleibt aber nichts übrig. tmh