Mit den Parolen der RAF

von Redaktion

GASTBEITRAG Bettina Röhl über Parallelen der Klimabewegung zu den 68ern und die Gefahr der Radikalisierung

VON BETTINA RÖHL*

Es läuft gut für die „Letzte Generation“. Die Spenden fließen, wie die Aktivisten stolz verkünden. Und durch die erhöhte Medienpräsenz – zynischerweise seit dem Tod einer Fahrradfahrerin in Berlin, bei der ein Rettungsfahrzeug durch eine Aktion der Klimakleber laut Feuerwehr acht Minuten später kam – bekommt die Bewegung Zulauf. Was bedeutet, dass die Zahl der Aktionen auf Straßen, in Kultureinrichtungen, Universitäten und auf Flughäfen nicht abreißt, sondern sich erhöht hat.

Die Klimalinge steigern sich in die Hybris hinein, die Mehrheit und die Verfassung zu vertreten. Doch das tun sie nicht. Sie sind eine außerparlamentarische Opposition ohne demokratischen Auftrag. Die Mehrheit der Bevölkerung will Klimaschutz, aber sie will nicht von Aktivisten, die kein Expertenwissen zu Klima, Wirtschaft, Energie, Demokratie, Menschenrechten und der Historie haben, genötigt und gegängelt werden. Die Mehrheit der Bevölkerung produziert die Wertschöpfung, die Voraussetzung und Basis für den ehrgeizigen Ausstieg der Bundesrepublik aus der Kohle und den anderen fossilen Energien überhaupt ermöglichen kann. Ein Großteil der Menschen in der Mitte der Gesellschaft ist in Umweltfragen gebildet. Und offen dafür, sich zu informieren und etwas zu tun. Es bedarf also keiner auf mediale Wirkung zielenden, letztlich gewaltaffinen Protestaktionen mit Gefährdungspotenzial, um die Menschen aufzurütteln.

Haben die Klima-aktivisten realistische Lösungsansätze?

Die Klimaaktivisten fordern das Tempolimit 100. Was soll das? Es gibt in der Bundesrepublik ohnehin schon fast überall ein Tempolimit. Und die CO2-Einsparungen durch ein Tempolimit von 100 sind so gering, dass sie weltweit kaum im messbaren Bereich lägen. Umgekehrt umgehen die Klimalinge die Frage der größten CO2-einsparenden Energielösung: Nämlich die der Kernkraft, die in Zukunft aller Voraussicht nach sehr viel umweltfreundlicher sein wird als das, was man als Kernenergie bisher kennt. Zur Kernkraft hat die „Letzte Generation“ nicht mal eine Meinung. Auf Nachfrage weichen die einzelnen Klimaaktivisten aus (so Luise Neubauer bei Markus Lanz vor ein paar Wochen) oder sagen explizit, dass sie dazu keine Meinung haben. Es fehlt offenbar eine „Anweisung“ aus der Zentrale.

Auch sonst fällt auf, dass die Klimaaktivisten in vorgestanzten Sprechblasen reden. Exemplarisch sei hier „Malte“ genannt, der gerade den Münchner Flughafen besetzt hat – kurz nach seiner Entlassung aus der Präventivhaft. In einem Video leiert er Sätze herunter wie: „Ich habe auch keine Lust, das hier zu machen.“ „Wir haben keine andere Wahl mehr.“ „Die Regierung hat die Krise leider nicht im Griff.“ „Alle anderen Methoden sind leider ausgeschöpft.“

Alle anderen „Methoden“, Menschen korrekt zu informieren, sind leider ausgereizt? Das Thema Klima, ein Weltthema mit sehr vielen Unbekannten, ist zu keiner Entwicklung mehr fähig und sei zu Ende erklärt? Und ein paar Aktivisten sollen die Einzigen sein, die das Klima im Griff hätten und jetzt die ganze Welt vor sich hertreiben müssten?

Die Klimabewegung – eine Art 68er-Rebellion 2.0?

Tatsächlich könnte man die Klimabewegung aktuell als eine Art 68er-Rebellion 2.0 betrachten. Die 68er waren vor 50 Jahren sehr ähnlich „überzeugt“ bis „erleuchtet“ davon, die Gesellschaft belehren und zu einem „höheren Bewusstsein“ erziehen zu müssen. Auch die Protestmethoden waren strategisch von ähnlichen Denkstrukturen geprägt: ziviler Ungehorsam, Sabotageakte, Puddingattentate, das Werfen mit Tomaten und Eiern. Das lautstarke Besetzen von Institutionen, Stichwort „Sit ins“, „Go ins“ usw., mit immer neuen Protestideen war nicht so anders.

Auch die jungen 68er gerierten sich damals aus dem Stand heraus als nahezu allwissend – mit Vordenkern wie Marcuse, Wilhelm Reich, Marx und Mao im Gepäck, die sie kaum gelesen hatten. Sie sahen sich ermächtigt, die Gesellschaft jetzt und sofort komplett umzustülpen, vom Kapitalismus zu befreien und das „System“ zu stürzen.

Die 68er machten ihre „Revolution“ mit „Sex, Drugs and Rock’n’Roll“, während die heutigen Klimaaktivisten pragmatisch, vegan, bieder und etwas gleichgesteuert daherkommen. Aber die ideologischen Schwingungen sind ähnlich. Auch die 68er predigten den Konsum-Verzicht und frönten einer weltfremden Leistungs- und Technikfeindlichkeit. Und auch die 68er gaben sich zunächst gemäßigt radikal: Gewalt gegen Sachen ja, Gewalt gegen Menschen nein. Doch als sie auf dem Höhepunkt ihrer Rebellion keine konstruktiven Ideen mehr hatten, wie man die Welt konkret verbessern könnte, radikalisierte sich die Bewegung und gebar ihre Speerspitze, die RAF. „Alle anderen Methoden“ seien ausgeschöpft gewesen, hieß damals fast dieselbe Parole.

Auch die Klimabewegung ist in der Gefahr, sich in eine extremistische Richtung zu entwickeln. Der niedersächsische Verfassungsschutzpräsident Bernhard Witthaut warnte zu Recht davor, dass bestimmte Gruppen versuchten, die Klimabewegung zu radikalisieren. Fest steht: Die „Letzte Generation“ verübt bereits Gefährdungsdelikte. Taten, die – wenn sie zum Handlungssystem werden – ganz schnell zur Selbstradikalisierung führen können.

Eine grüne Klima-RAF?

Tadzio Müller von der Klimaaktivistenbewegung „Ende Gelände“, eine vom Berliner Verfassungsschutz vor einiger Zeit schon als linksextrem eingestufte Gruppierung, prägte deshalb wohl nicht von ungefähr schon vor einem Jahr in einem Interview mit dem „Spiegel“ den Begriff einer „grünen RAF“, die kommen würde, wenn die Gesellschaft nicht sofort pariert. Es war eine Drohung! Tadzio Müller war Redner bei Fridays for Future und er postete nach dem Tod der Radfahrerin in Berlin den inzwischen gelöschten Tweet „Shit happens“. Man sollte den ganzen Tweet, von dem er sich ansonsten nicht distanzierte, zur Kenntnis nehmen: „Scheiße, aber nicht einschüchtern lassen. Es ist Klimakampf, nicht Klimakuscheln.“

Mao Tse Tung, Vorbild der 68er und der RAF, drückte es so aus: „Eine Revolution ist kein Gastmahl, kein Aufsatzschreiben, kein Bildermalen, kein Deckchensticken.“ Ist sich die Klimabewegung bewusst, dass hier einer von ihnen das Gedankengut eines der effektivsten Völkermörders der Welt anzitiert hat?

Greta Thunbergs Weg zur großen Transformation

Greta Thunberg als Vorreiterin der Bewegung, gewissermaßen als weiblicher Rudi Dutschke 2.0, hat ihre Klimabewegung inzwischen in die Richtung von „Klimagerechtigkeit“ gewendet und möchte das System ändern, den Kapitalismus abschaffen. Damit kommt die Bewegung ideenmäßig nahezu eins zu eins auf die 68er-Spur und offenbart in erschütternder Weise geistigen Stillstand. Alle Länder, in denen der Versuch unternommen wurde, den „Kapitalismus“ abzuschaffen und stattdessen durch eine Art Kommunismus zu ersetzen, sind regelmäßig in Diktatur, Massenmord, Mangelwirtschaft und in Hungersnöte getrieben worden. Die Pfade von Marx und Mao, die die hilflosen und unwissenden Klimalinge betreten, sind rot von Blut. Und da hilft weder gespielte noch tatsächliche Unschuld.

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