5 FRAGEN AN
Jack Giacaman, 51, ist ein palästinensischer Christ. In Betlehem hat er eine Krippenschnitzerei in der Milchgrottenstraße direkt hinter der Geburtskirche. Die Rückkehr der Pilger ist für ihn existenziell. Aber auch mit Pilgern, sagt er, fehle gerade jungen Menschen in Betlehem die Hoffnung auf eine gute Zukunft.
Herr Giacaman: Wie lange arbeitet Ihre Familie schon als Krippenschnitzer?
Meine Familie lebt schon über 800 Jahre in Bethlehem. Die Vorfahren meines Vaters kamen in der Zeit der Kreuzzüge als Steinmetze aus dem heutigen Kroatien hierher. Nachdem sie aus Olivenholz bereits Kruzifixe und Rosenkränze hergestellt hatten, begannen sie vor etwa einhundert Jahren damit, auch Krippenfiguren für die Pilger zu schnitzen.
Gibt es für die Nachfrage genügend Holz?
Die Bäume müssen dafür nicht gefällt werden. Wir verwenden meist nur Äste. Das Geschäft leidet jedoch unter einem Nachschubproblem. Meine Familie hat durch die Mauer ihre Bäume verloren. Meine Töchter wissen noch nicht einmal, wie man Oliven erntet.
Wie hat sich die Corona-Pandemie auf Ihr Geschäft ausgewirkt?
Zunächst war es furchtbar. Zu Beginn haben wir fast unser gesamtes Einkommen verloren. Dann haben wir einen Internet-Shop entwickelt und mithilfe vieler Freunde, auch in Deutschland, hat sich das wieder erholt. Seit einigen Monaten sind die Pilger zurück.
Wie sehen Sie die Situation der Christen in Bethlehem heute?
Sie ist im Nahen Osten insgesamt furchtbar. Hier in Bethlehem ist sie gut und schlecht gleichermaßen. Die Mauer hat zur Folge, dass viele junge Menschen das Land einfach wegen fehlender wirtschaftlicher Perspektiven verlassen. Mein Bruder und meine Schwester leben in Dubai und den USA. Mein Onkel ist Ende der 80er-Jahre während der Ersten Intifada nach Neuseeland ausgewandert. Er hat sein Geschäft verloren, weil keine Touristen mehr gekommen sind.
Wie nehmen Sie die aktuelle politische Entwicklung im Westjordanland wahr?
Wenn man in den Nachrichten sieht, dass jeden Tag junge Menschen getötet werden, fragt man sich, wohin das noch führen soll. Die Gründe, die die israelische Armee nennt, glauben wir nicht. Es gibt keine neutralen Beobachter. Es ist eine Spirale der Gewalt ohne Grund.
Interview: Win Schumacher