Bischofswiesen – Aus ovalen Holzstücken entstehen kleine Kunstwerke, die traditionsreiche Berchtesgadener War. Die Bischofswieser Holzbildhauerin Barbara Moderegger fertigt das ganze Jahr über von Hand den Christbaumschmuck, der in Bayern einzigartig ist. Wo normalerweise Kugeln hängen, kann es hier auch ein Klohäuschen sein – und seit heuer auch eine Gießkanne.
Auf dem kleinen Holzofen in der Ecke der Werkstatt steht meistens Barbara Modereggers Mokka-Kännchen. Heute ist es ein kleines Töpfchen, in dem maßgenau geschnittene Furnierstreifen vor sich hin köcheln. Die Streifen bringt Barbara Moderegger „in Form“. Dazu hat sie ein Holzmodell gefertigt, in das das Furnier gedrückt wird. Künftig sind die zum „U“ gebogenen Bänder die Henkel für die kleinen Gießkannen, die neueste Kreation Modereggers. Ihre Freude darüber ist groß: „Wenn aus einer Idee Wirklichkeit wird und man den Kniff raushat, wie man es am besten macht, ist das ein gutes Gefühl.“
Die Gießkanne ist in diesem Jahr eine von vier neuen Figuren der Berchtesgadener War, dieser alten Handwerkskunst der Region, die im 15. Jahrhundert entstanden ist, um den armen Bauern ein karges Zubrot zu sichern. In der Winterzeit schnitzten und bemalten sie Spielzeuge wie Tiere, Windräder oder Kindergeigen, die dann von Hausierern bis nach Regensburg oder Venedig getragen wurden. Und per Schiff ging es um die ganze Welt. „Sogar Kolumbus hatte Spielzeug aus Berchtesgaden an Bord“, berichtet Dirk Frees, Leiter der Einrichtung Berchtesgadener Handwerkskunst. Als Anfang des 19. Jahrhunderts vermehrt Blechspielzeug aufkam, drohte das alte Gewerbe in Vergessenheit zu geraten. „Doch dann“, erzählt Frees, „kamen findige Berchtesgadener Künstler auf die Idee, das Spielzeug als Christbaumschmuck wiederzubeleben.“ Diese Tradition hat bis heute Bestand.
Rund 50 verschiedene, kunstvoll gefertigte Holz-Anhänger für den Christbaum stehen zur Auswahl. Alte Spielzeuge in Miniaturform, wie das bekannte Arschpfeifenrössl, ein Reiter zu Pferde, dessen Schweif eine kleine Pfeife ist, oder die Hennasteign, ein kleiner Hühnerstall. Es gibt aber auch moderne Kreationen vom Biertragerl bis zur Motorsäge. Neu im Programm in diesem Jahr: ein Liegestuhl, eine Gitarre, ein Martel und die Gießkanne von Barbara Moderegger.
Im Jahr 2010 hat die Holzbildhauerin mit der Produktion des Holzspielzeugs begonnen. Die Bischofswieserin ist eine von gut 20 einheimischen Künstlern, die sich der Berchtesgadener War verschrieben haben. Das ganze Jahr über produziert Barbara Moderegger, die auch Volkshochschulkurse gibt, fleißig vor, damit in der Vorweihnachtszeit, wenn die Nachfrage am größten ist, ausreichend Teile zur Verfügung stehen. Charakteristisch für den Christbaumschmuck sind die Blümchenstempel, die sich auf fast jedem Teil finden. Barbara Moderegger hat die Stempel aus Holz gefertigt. Diese sind mit mehreren „Stiften“ bestückt, die in Farbe getaucht und dann auf der Gießkanne verewigt werden.
Freunde des Berchtesgadener Christbaumschmucks gibt es viele. „Ein paar kritische Stimmen gibt es aber auch“, weiß die Künstlerin. Ein Klohäuschen am Weihnachtsbaum? „Das Christkind muss auch mal“, entgegnet Barbara Moderegger dann mit einem Lächeln. K. PFEIFFER/B. OSSBERGER