Mehr als ein Vierteljahrhundert hat Georg Gänswein an der Seite von Joseph Ratzinger gelebt und gearbeitet, als sein Assistent und Privatsekretär. Der 66-Jährige, der in den letzten Jahren streng darüber wachte, wer Zugang zu Papst Benedikt bekam, gilt kirchenpolitisch als sehr konservativ. Immer wieder war der aus dem Erzbistum Freiburg stammende Priester als möglicher Kandidat für ein Bischofsamt in Deutschland gehandelt worden. Und derzeit müssen ja die Erzbistümer Paderborn und Bamberg neu besetzt werden. Doch das alles ist reine Spekulation. Angesichts der Krise der katholischen Kirche gerade in Deutschland halten Beobachter das auch eher für undenkbar, nun einen Bischofssitz ausgerechnet mit Benedikts Privatsekretär zu besetzen. Zumal auch die Personaldebatte um das Erzbistum Köln, wo Papst Franziskus noch immer nicht über das Rücktrittsgesuch des umstrittenen Kardinals Rainer Maria Woelki entschieden hat, noch immer die Gemüter der deutschen Katholiken erzürnt.
Nicht zuletzt wird Erzbischof Gänswein nun viel Arbeit mit der Verwaltung von Benedikts Nachlass und dessen Stiftung haben. cm
Das Klageverfahren gegen Papst Benedikt am Landgericht Traunstein läuft doch weiter – zumindest vorerst. Zwar trete mit dem Tod grundsätzlich eine Unterbrechung ein, sagte Gerichtssprecherin Andrea Titz am Montag. „Im vorliegenden Fall gilt dies jedoch nicht, da der Verstorbene von einem Prozessbevollmächtigten vertreten war.“
Ratzinger hatte in dem Verfahren eine große Anwaltskanzlei beauftragt. Der Prozessbevollmächtigte, sagte Titz, könne eine Unterbrechung beantragen, bis geklärt ist, wer die Erben Ratzingers sind. „Ob ein solcher Antrag erfolgt, kann ich noch nicht sagen.“ Partei des Verfahrens wäre künftig also nicht mehr Ratzinger selbst. Kraft Gesetzes träten automatisch seine Erben ins Verfahren ein.
Im Sommer 2022 hatte ein Mann, der nach eigenen Angaben von einem Priester in Garching an der Alz missbraucht worden war, eine Zivilklage, eine sogenannte Feststellungsklage, erhoben. Sie richtet sich nicht nur gegen Ratzinger, der damals Erzbischof von München und Freising war, als der Priester – der verurteilte Wiederholungstäter Peter H. – in seine Diözese versetzt wurde, sondern auch gegen den Priester selbst, das Erzbistum sowie Ratzingers Nachfolger im Amt des Erzbischofs, Kardinal Friedrich Wetter.
„Die Klage wird fortgeführt mit dem oder den Erben des Verstorbenen“, sagte auch der Anwalt des Klägers, Andreas Schulz. kna