5 FRAGEN AN
Robert Schmitt ist Geschäftsführer des Rettungsdienstes MKT Krankentransport. Ein Gespräch über die Ereignisse der Silvesternacht.
Herr Schmitt: Warum greifen junge Leute Rettungssanitäter und Feuerwehrleute an?
Die Gewalt gegenüber Rettungskräften nimmt zu – vor allem seit Corona. Hier entlädt sich der Frust, der sich in der Bevölkerung aufstaut. Die Feuerwehr, der Rettungsdienst oder die Polizei werden als Staat wahrgenommen. Die Leute kommen nicht an die Verantwortlichen ran, deshalb sind Feuerwehrleute oder Rettungssanitäter ihre Opfer.
Sie bieten Deeskalationstrainings an. Was lernen die Rettungskräfte da?
Das Erste ist, auf aggressive Leute zuzugehen und sie runterzuholen. Oft sind Alkohol oder Drogen im Spiel. Das Wichtigste ist dabei, dass unsere Helfer nicht verletzt werden. Deshalb müssen sie sich zurückziehen, wenn es aggressiv und gefährlich wird, und auf die Polizei warten, die sie beim Hilfseinsatz unterstützt.
Was sind das Ihrer Erfahrung nach für Menschen, die Helfer angreifen?
Das geht querbeet durch die Bevölkerung, das sind nicht unbedingt nur Migranten, wie es jetzt wieder diskutiert wird. In bestimmte Viertel in Berlin oder in anderen Großstädten fahren Sanitäter nicht mehr ohne Polizeibegleitung. Ich muss dazusagen: In Bayern ist die Situation sehr viel besser als in manchen Bezirken Berlins oder des Ruhrgebiets, wo eine verfehlte Politik über viele Jahre Clan-Strukturen hochkommen hat lassen, die den Staat ablehnen.
Was muss nun passieren?
Viele Dinge funktionieren in unserer digitalisierten Welt nicht mehr wie früher. Da staut sich so viel Frust auf. Wir müssten wieder mehr den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft propagieren, uns um Nachbarn oder um Schwache kümmern. Nur so nimmt man diesen Druck aus der Gesellschaft raus. Allzu viele werden alleingelassen.
Wäre es eine Idee, die Chaoten statt in Haft zum Zwangs-Dienst bei Ihnen zu schicken?
Unser Rettungsdienst ist hochspezialisiert, der eignet sich eher nicht. Aber einen sinnvollen Dienst für die Gesellschaft zu leisten, Müll im Wald wegräumen zum Beispiel, das wäre gut. Wir machen beim Medizinischen Hilfswerk seit 2009 Selbsthilfekurse für die Bevölkerung. Die Leute, die in diesen Trainings waren, helfen danach zusammen. Derartiges müssten wir auch in unseren Schulen anbieten! Wir brauchen wieder mehr Miteinander statt dieses Gegeneinander, das unsere Gesellschaft immer mehr spaltet.
Interview: Klaus Rimpel