München/Berlin – Tausende Balkon-Solaranlagen hat der Handel bereits verkauft. Sie können auch im Garten aufgestellt werden und produzieren Strom, der über einen Wechselrichter per Kabel ins häusliche Stromnetz eingespeist wird. Ein Stolperstein ist eine technische Norm, die als Einspeisedose anstelle des normalen Schukosteckers die sogenannte Wieland-Einspeisesteckdose verlangt. Der Einbau muss von einem Elektriker vorgenommen werden – was angesichts des Handwerkermangels eine nicht zu unterschätzende Hürde ist.
Die Norm ist umstritten, denn eigentlich reicht ein Schukostecker. Die Norm schließt das nach Einschätzung des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) auch nicht aus. „Ein Verbot gibt es also nicht“, sagt BSW-Chef Carsten Körnig. Doch einzelne Stromnetzbetreiber bestehen darauf. Spätestens Ende 2023 wird es aber wohl eine neue Norm geben, die den Schukostecker bei geeigneten Mini-Solaranlagen klar erlaubt. Das sieht ein Vorschlag des Verbands der Elektrotechnik (VDE) vor. Auch will der VDE den Betrieb von bremsenden Regeln entrümpeln. So sollen die Kleinkraftwerke an jedem Zählertyp verwendet werden dürfen, auch wenn die Zähler damit womöglich beim Einspeisen rückwärts laufen. Die Vereinfachungen sollen für Anlagen bis zu einer Leistung von 800 Watt möglich werden.
Auch die Anmeldung soll einfacher werden. Künftig soll es reichen, die Anlage bei der Bundesnetzagentur an- oder abzumelden und die Behörde über Änderungen zu informieren. Mini-Erzeugungsanlagen sollten sich flächendeckend durchsetzen, begründet der VDE die Vereinfachung.
„Die Produktnorm für Steckersolargeräte soll nach Informationen des VDE spätestens Ende 2023 fertiggestellt sein“, erläutert eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Bis dahin will das Ministerium auch die gesetzlichen Regeln anpassen. Da beide Seiten die Änderungen wollen, dürfte den Plänen nichts im Wege stehen. Auch die Bundesnetzagentur begrüßt die Vorschläge.
Mit den Mini-Solarkraftwerken können Haushalte einen Teil ihres Stroms selbst erzeugen und so Geld sparen. Die Kosten einer Komplettanlage liegen nach Angaben des Verbraucherportals finanztip.de je nach Leistung zwischen 600 und 1300 Euro. Im vergangenen Jahr sind die Preise zwar kräftig gestiegen, das könnte sich aber wieder ändern. Denn zu Jahresbeginn wurde die Mehrwertsteuer von 19 Prozent beim Kauf abgeschafft. Die Frage ist, ob der Handel das an die Kunden weitergibt.
Die mögliche jährliche Einsparung beim Strom wird auf 100 bis 200 Euro geschätzt. Damit amortisiert sich die Investition in wenigen Jahren. Der tatsächliche Stromertrag hängt allerdings stark vom Standort ab. An sonnenreichen Plätzen auf dem Balkon oder im Garten produzieren die Module mehr Strom als an halbschattigen oder gar nur wenig vom Sonnenlicht beschienenen Flächen.
Beim Kauf einer steckerfertigen Anlage sind alle benötigten Komponenten enthalten. Nötig ist die Zustimmung des Vermieters. Auch muss man sich beim örtlichen Stromnetzbetreiber und in einem Register der Bundesnetzagentur anmelden. Dann steht der Stromproduktion nichts mehr im Wege – außer die momentan noch geltenden Regeln.
Eine Möglichkeit, den noch komplizierten Rechtsrahmen zu umgehen, sind Batterien, im Handel „Powerstation“ genannt. Damit kann man den selbst erzeugten Strom speichern und gezielt nutzen, etwa für Elektrogeräte. Weil sie mobil sind, können Powerstationen auch außer Haus genutzt werden, zum Beispiel fürs Camping oder im steckdosenfreien Garten.
WOLFGANG MULKE
Anlage amortisiert
sich recht schnell
Zustimmung des
Vermieters ist nötig