Freising – Wer in der Karwoche oder über Ostern das Enghausener Kreuz besichtigen möchte, sollte auf dem Weg auch einen Abstecher zum Freisinger Diözesanmuseum machen. Auf dem Domberg gibt es im großartig sanierten Museum neben der derzeit aktuellen Ausstellung „Verdammte Lust“ zahllose Kreuze und Kruzifixe vom Mittelalter bis in die Moderne in Dauerausstellung zu sehen.
„Wenn das Kruzifix in der Kirche in Enghausen eine Funktion hat und verehrt wird, ist es dort gut am Ort“, antwortet der Direktor des Diözesanmuseums, Christoph Kürzeder, auf die Frage, ob er das Kreuz lieber in der Ausstellung hätte. Eine Musealisierung, sagt er, berge die Gefahr, dass es ein reines Schaustück werde. Wobei er dieses Risiko im Diözesanmuseum nicht sieht: „Ich nehme die Besucher schon so wahr, dass sie in den Objekten einen Mehrwert erkennen, der über die kunst- und kulturhistorische Bedeutung hinausgeht.“ Dass das Monumentalkreuz in Enghausen hängt, sei aber stimmig.
Generell sei das Kreuz an sich in den vergangenen Jahren meist durch politische Debatten in der öffentlichen Wahrnehmung aufgetaucht. „Dort wurde es ganz klar als kulturelles und Identitätszeichen zugeordnet. Bekenntnis ist etwas anderes – das ist eine klare Botschaft, denn damit verbinden wir den Tod Jesu und zugleich die Perspektive auf ein Überwinden von Leid und Tod.“ Katechismuswissen sei heute weniger verbreitet, aber das Nachdenken über Leid und Tod bewege die Menschen aktuell mehr denn je. Religion helfe, Leid und Tod einzuordnen. „Das Kreuz ist ein eindeutiges Statement“, auch wenn nicht jeder das Kreuz mit Auferstehung, ewigem Leben und Barock-Himmel verbinde.
Die Beschäftigung mit Leid und Tod ist ein Dauerthema in der Menschheitsgeschichte – und im Diözesanmuseum in eindrucksvollen Exponaten zu verfolgen. In jeder Generation stelle sich die Frage nach dem Sinn neu, sagt Kürzeder. „Heute fragen die Menschen mehr: Was ist ein gelungenes Leben?“ Und wie man das Geschehen in der Welt einordnen könne. Einerseits sei so vieles vermeintlich erklärbar und transparent, dann öffneten sich virtuelle Welten mit ganz neuen Fragestellungen. „Vielleicht ist das Kreuz etwas, das für uns ein Restgeheimnis bewahrt, das wir brauchen.“ Es nur als Symbol für die westliche Kultur zu sehen, ist ihm zu wenig.
Das Exponat in der Dauerausstellung, das Kürzeder am meisten beeindruckt, ist ein ganz unscheinbares: ein einfaches Holzkreuz aus dem 18. Jahrhundert mit einem aufgemalten Jesus. „Das ist das Henker-Kreuz der Münchner Kapuziner. Die haben im 17. und 18. Jahrhundert die Aufgabe gehabt, die zum Tode Verurteilten zum Richtplatz zu führen.“ Wenn er es betrachtet, bekommt Kürzeder eine Gänsehaut: „Was dieses Kreuz gesehen hat …“
CLAUDIA MÖLLERS
Diözesanmuseum Freising
Es ist an Karfreitag und Karsamstag sowie auch über Ostern durchgehend von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Wo? Domberg 21. Eintritt acht Euro, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre frei.