4 FRAGEN AN
Dieter Neubauer (58) ist seit 2014 Bürgermeister der Marktgemeinde Essenbach. Auch er ist mit Isar 2 aufgewachsen. Nun muss der CSU-Politiker seine Gemeinde auf ein Leben ohne das wirtschaftlich bedeutende Kernkraftwerk vorbereiten.
Herr Neubauer, am Samstag wird Isar 2 nach 35 Jahren abgeschaltet. Was geht dem Bürgermeister dabei durch den Kopf?
Es ist, wie es ist. Ich bin hier aufgewachsen und kenne das nur als dampfenden Kühlturm. Irgendwo ist man es gewohnt gewesen. Meine Familie, Freunde und Bekannte hatten nie große Angst, dass etwas passieren könnte. Es ist etwas komisch, wenn es jetzt abgeschaltet wird. Isar 2 gehörte zum Ortsbild und war schon prägend.
Welche Bedeutung hatte das Kernkraftwerk für Ihre Marktgemeinde – gerade in wirtschaftlicher Hinsicht?
Seit 2014 kalkuliere ich nicht mehr mit diesen Einnahmen. 2012 gab es eine Riesenrückzahlung an Gewerbesteuer wegen der Verkürzung der Laufzeiten. Ab und zu gibt es eine Nachzahlung oder eine Rückzahlung für uns in beträchtlicher Höhe. Ich kalkuliere aber nur noch mit dem, was ich vom Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung bei der Gewerbesteuer gemeldet bekomme. Der wirtschaftliche Aufschwung, die Eskara-Halle, das Glasfasernetz und die Musikschule resultieren aus dieser Zeit.
Haben Sie Sorgen, dass Ihre Gemeinde ohne das Kraftwerk zurückfällt?
Es wird finanziell enger. Noch sind Rücklagen vorhanden – noch sind wir schuldenfrei und haben liquide Mittel für Investitionen. Wir haben noch ein paar Flächen, die künftig entwickelt werden könnten, sofern die Bürger mitziehen. Denn um unseren Wohlstand – ich sage bewusst – erhalten, nicht steigern zu können, werden wir noch Gewerbeansiedlungen benötigen. Eine gute Mischung mit drei bis vier Gewerbesteuer-Säulen ist wichtig.
Und was sagen Ihre Bürger zur bevorstehenden Abschaltung?
Ich werde oft gefragt, ob man denn gar nichts gegen die Abschaltung tun kann. Draußen heißt es: Wir kaufen den Atomstrom aus anderen Ländern ein, verkaufen unseren Solarstrom und müssen aber wieder zahlen, wenn wir keine Sonne oder keinen Wind haben. Die Leute verstehen nicht, warum Kohle hochgefahren wird und ein gut funktionierendes Kraftwerk ohne Not abgeschaltet wird. Das kann ich auch nicht mehr vertreten. Die Energiewende ist falsch aufgezogen – man muss erst die neuen Voraussetzungen schaffen, bevor man etwas abschaltet.
Interview: Jonas Grundmann