Und auf einmal hat auch Italien seinen „Problembären“. Die DNA-Analyse in dieser Woche brachte Gewissheit: Der 26-jährige Andrea Papi wurde wohl Opfer einer Braunbärin JJ4, genannt Gaia. 120 Kilogramm schwer, 1,90 Meter groß – und Schwester des Problembären Bruno, der 2006 Bayern heimsuchte.
Am Samstag gab Maurizio Fugatti, Präsident der Provinz Bozen, JJ4 zum Abschuss frei. Die Bären im Trentino werden eigentlich überwacht und tragen GPS-Halsbänder. Aber bei JJ4s Halsband ist die Batterie leer – niemand weiß, wo sich die Bärin befindet. 40 Forstbeamte haben sich auf die Suche gemacht und Fallen mit Frischfleisch, Mais und Honig aufgestellt.
Nun stehen sich, wie schon 2006 in Bayern, zwei Lager unversöhnlich gegenüber. Da sind diejenigen, die den Tod der Bärin fordern. „Unsere Nächte sind sehr lang und voller Wut gegen diejenigen, die nicht rechtzeitig gehandelt haben“, sagte Papis Vater Carlo am Mittwoch auf der Beerdigung in Caldes. Auch Bergsteigerlegende Reinhold Messner hat sich in die Debatte eingeschaltet – und forderte in einer italienischen Zeitung die Halbierung der örtlichen Bärenpopulation von derzeit rund 100 Tieren. Die Bären hätten die Wälder übervölkert. „Das Töten von Bären ist die halbe Lösung“, so Messner.
Dabei sollte JJ4 schon 2020 erlegt werden. Gegen die Anordnung zogen damals Tierschützer vor Gericht und bekamen recht (siehe Text links). Die Bärin hatte drei Jungen, deren Schutz für die Entscheidung der Richter ausschlaggebend war. Inzwischen sind die Jungen selbstständig. Doch Tierschützer haben bereits neue Klagen angekündigt. „Der Abschuss ist eine ideologische und kurzsichtige Entscheidung“, hieß es beim Tierschutzverband WWF. Der Fall schlägt Wellen bis ins Parlament in Rom. „Die Bären sollen nicht dafür bezahlen, was in Sachen Prävention und Schutz verpasst wurde“, sagte die Abgeordnete Michela Vittoria Brambilla.
Immer wieder werden im Trentino gefährliche Begegnungen zwischen Bären und Menschen gemeldet. „Die Tiere sind Einzelgänger“, sagt der Zoologe Bruno Cignini von der römischen Universität Tor Vergata. „Man darf jetzt nicht in eine Psychose verfallen und denken, dass man im Wald in jedem Fall von einem Bären angegriffen wird.“ Cignini schlägt statt des Abschusses vor, die als gefährlich eingestuften Bären in ein anderes Habitat zu versetzen oder sie in einem Gehege zu halten. Wie es heißt, wird im römischen Umweltministerium bereits an einem Umsiedlungs-Plan gefeilt. Danach soll etwa die Hälfte der Trienter Braunbären in andere italienische Alpenregionen sowie nach Österreich und Slowenien versetzt werden. jmm/dg