München – Im Oktober 1973 trat das Bayerische Denkmalschutzgesetz in Kraft. Heute gibt es im Freistaat 109 000 Baudenkmäler – jedes davon wird vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) erfasst und ist im bayerischen Denkmal-Atlas einsehbar. Mathias Pfeil (62), Generalkonservator des BLfD, erklärt, was ein Denkmal ausmacht – und warum bald PV-Anlagen auf historischen Dächern stehen könnten.
Herr Pfeil, wie und warum ist das Bayerische Denkmalschutzgesetz vor 50 Jahren entstanden?
Das Landesamt für Denkmalpflege als Behörde gibt es schon seit 1908, aber bis 1973 gab es keine gesetzliche Grundlage für den Denkmalschutz. Die ist aus einer Bürgerbewegung entstanden: Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es durch die Nachkriegsmoderne eine zweite „Zerstörungswelle“. Die Leute aus der Heimatschutzbewegung wollten dann ein Gesetz, um die Zerstörung der übrigen Denkmäler zu verhindern.
Heute gilt: Wer unerlaubt etwas an einem Denkmal verändert, muss mitunter tief in die Tasche greifen.
Wenn Sie ohne denkmalschutzrechtliche Erlaubnis etwas am Denkmal ändern, begehen Sie eine Ordnungswidrigkeit. Das kann teuer werden – bis zu zwei Millionen Euro, wenn das Denkmal zerstört wird. Der Straftatbestand wurde im vergangenen Jahr um das 20-Fache erhöht.
Und wie wird entschieden, ob ein Gebäude zum Denkmal wird?
Jeder kann dem Landesamt Bescheid sagen, wenn er ein Gebäude für denkmalwürdig hält. Dann beginnt die Denkmalprüfung: Unsere Mitarbeiter schauen, ob das Gebäude etwas Besonderes ist. Zudem gibt es eine Aktenrecherche, bei der man das Gebäude mit anderen Häusern aus der gleichen Zeit vergleicht. Grundlage ist der Artikel 1 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes: Das Gebäude muss beispielsweise aus geschichtlicher, künstlerischer oder wissenschaftlicher Sicht etwas Außergewöhnliches sein. Innerhalb einer dreimonatigen Frist können Einwände formuliert werden. Alle Denkmalschutzeintragungen gehen am Ende über meinen Schreibtisch.
So eine Entscheidung kann zu Debatten führen. Wie läuft der Austausch zwischen Ihrem Amt und den Denkmaleigentümern?
Wenn die Leute von Denkmalschutz hören, haben sie meistens erst mal Angst und denken, sie dürfen nicht mehr tun, was sie wollen. Der erste Schritt ist dann, sich gegenseitig zu erläutern, warum man etwas plant und welche Folgen das haben könnte. In den allermeisten Fällen ist der Austausch positiv. Es liegt an uns, den Menschen die Angst zu nehmen und ihnen zu zeigen, dass es auch eine Menge Vorteile gibt, wenn man ein Denkmal hat.
Zum Beispiel Steuererleichterungen und Zuschüsse.
Sie können sogenannte denkmalerhaltende Maßnahmen steuerlich bei uns geltend machen – das kann beispielsweise auch eine Heizung sein. Sie können aber auch konkrete Förderungen für Umbauarbeiten oder Sanierungen bekommen, zum Beispiel für ihren denkmalpflegerischen Mehraufwand. Insgesamt vergeben wir in Bayern ungefähr 50 Millionen Euro an Fördergeldern im Jahr. Die jeweilige Höhe des Zuschusses obliegt uns. Meistens fördern wir bei der Sanierung eines Denkmals zunächst eine Voruntersuchung zu 90 Prozent – die kostet ungefähr 30 000 Euro. Der Denkmaleigentümer weiß dann, was auf ihn zukommt.
Vor welchen Herausforderungen steht der Denkmalschutz in der Zukunft?
Wir erweitern in diesem Jahr das Denkmalschutzgesetz um das Thema Regenerative Energien. Ein Denkmaleigentümer sollte beispielsweise genauso ein Anrecht darauf haben, eine Photovoltaikanlage zu installieren, wenn diese denkmalverträglich ist. Nach einem neuen Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur Gesamtgebäude-Energieeffizienz bräuchten aktuell alle Denkmäler einen Vollwärmeschutz. Ich finde, bei den 1,5 bis zwei Prozent an historischen Gebäuden, die wir haben, sollten wir Ausnahmen bekommen.
Interview: Jonas Grundmann