München – In der Region München läuft die Suche nach Windenergiegebieten bereits intensiv: „Wir nähern uns von zwei Seiten“, kündigt Marc Wissmann, der Geschäftsführer des Regionalen Planungsverbands (RPV), an. Zum einen schließt man No-Go-Gebiete aus, zum anderen kreist man potenzielle Windenergiegebiete immer weiter ein und gleicht sie mit den Vorschlägen ab, die die acht Landkreise und Kommunen machen.
Der Druck ist da. Die Bundesregierung hat mit dem Wind-an-Land-Gesetz klare Vorgaben gemacht: In Bayern müssen bis Ende 2027 mindestens 1,1 Prozent der Fläche und bis Ende 2032 dann 1,8 Prozent für Windkraft zur Verfügung stehen. Nun haben die 18 Regionalen Planungsverbände die schwierige Aufgabe, geeignete Flächen für Windkraft zu finden. Bleiben sie erfolglos, so können Investoren Anlagen dort privilegiert platzieren, wo sie ein Grundstück finden und die Abstandsregeln des Baugesetzbuchs einhalten.
Umso mehr wollen die Regionalen Planungsverbände die geforderten Windenergiegebiete geordnet und verträglich in der Landschaft ausweisen. Die Region München, zu der die Landeshauptstadt und die Landkreise Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, Landsberg am Lech, München und Starnberg gehören, will bis Anfang 2024 von ihrer 5501 Quadratkilometer großen Gesamtfläche die nötigen 61 Quadratkilometer für Windenergieanlagen ermitteln, auf denen zwischen 250 und 400 Windräder errichtet werden könnten. „Es wird keine einfache Aufgabe werden, die 1,1 Prozent zu finden, raumverträglich und im Einklang mit den Bürgern zu planen“, sagte Wissmann gestern bei einer RPV-Sitzung im Münchner Rathaus.
Für die Standortsuche hat der vom RPV installierte Beirat in „intensiven Diskussionen“ Mindestabstände vorgeschlagen. Windkraftanlagen sollen demnach mindestens 1600 Meter von reinen Wohngebieten, Krankenhäusern, Pflegeanstalten und Kurgebieten entfernt sein. Nachts soll eine Lärmgrenze von 35 Dezibel gelten. Zu Mischgebieten soll der Mindestabstand 550 Meter betragen, zu einem Gewerbegebiet 300 Meter. Von Autobahnen soll ein Windrad mindestens 195 Meter entfernt sein, von Bundesstraßen 130 Meter und von Schienen 135 Meter. Legt man diese Kriterien zugrunde, blieben deutlich weniger als zehn Prozent der Fläche übrig, sagte Wissmann: „Und von dieser Fläche brauchen wir die 1,1, Prozent.“ Allerdings wartet der RPV noch auf Angaben des Landesamts für Umwelt zum Artenschutz. Denn es soll auch berücksichtigt werden, wo Vögel leben, die sensibel auf Windkraft reagieren, und wie groß ihre Bestände sind.
Verbandsvorsitzender Stefan Schelle (CSU) hält es für sinnvoll, dass für alle 18 Regionen gleiche Kriterien gelten, dazu fand bereits ein Gespräch mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) statt. Erdings Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) bezweifelt, dass es bei der Verteilung der Windenergieflächen gerecht zugehen werde, „man muss nicht alte Wunden aufreißen, wenn man aus der Region Freising oder Erding kommt“, bemerkte er. Wissmann entgegnete ihm, es laufe nicht darauf hinaus, dass am Ende alle Landkreise gleich viele Windräder hätten. Die Voraussetzungen seien zu unterschiedlich: „Wir brauchen vielmehr ein ausgewogenes Standortkonzept, das die Zustimmung der Bevölkerung findet.“
Schelle drehte den Spieß um und argumentierte: „Es kann ja auch sein, dass Sie im Landkreis Erding gerne Vorranggebiete hätten und aufgrund der Abstände keine finden.“ CHARLOTTE BORST