München – Altes Geld für neues tauschen. Angelika Schneider erledigte kürzlich etwas ähnliches wie die Menschen 1948. Sie trennte sich in der Bundesbank-Filiale in der Leopoldstraße in München allerdings nicht von alten Reichsmark – sondern von D-Mark. Durchschnittlich 30 Menschen am Tag kommen dorthin und wechseln die alte Währung in Euro. Es ist eine von fünf Stellen in Bayern, an denen das möglich ist.
Schneider hat ihren Schatz in Tütchen transportiert, circa 1000 D-Mark befanden sich da drin. „Wir wussten, dass unser Vater Münzen gesammelt hat, aber nicht in diesem Ausmaß“, sagt sie. Gefunden habe sie das Geld bei der Auflösung des Haushalts ihrer verstorbenen Eltern zusammen mit ihren Schwestern, erzählt die 61-jährige Münchnerin unserer Zeitung.
„Der Klassiker“, sagt der Filialleiter Reiner Pillep zu dieser Geschichte. Viele Bestände der alten Währung würden von Erben umgetauscht. Und der Kurs, zu dem dies geschieht, ist noch der selbe wie zum Wechsel am 1. Januar 2002: Aus 1,95583 D-Mark wird ein Euro.
„Der durchschnittliche Betrag sind 670 D-Mark. Aber es gibt auch sechsstellige Beträge, etwa ein- bis zweimal im Jahr. Und manchmal wird auch nur ein Pfennig vorbeigebracht“, erzählt Pilepp. Im letzteren Fall, wird dann übrigens auf einen Cent aufgerundet. Etwas komplizierter wird es bei den ganz großen Beträgen. „Da haben wir Auflagen, um Geldwäsche vorzubeugen. Das geht meist nicht am selben Tag“, sagt Reiner Pillep. Bei Angelika Schneiders Betrag lief der Umtausch unkompliziert. Auch Ingo Mayer bringt etwas mehr mit als die meisten. 1010 D-Mark hat er in Scheinen dabei, sie stammen ebenfalls aus der Auflösung des elterlichen Haushalts. „Gewusst habe ich es nicht, aber vermutet“, sagt der 55-Jährige aus Garching an der Alz zu dem Fund.
Was mit der altehrwürdigen D-Mark nach dem Umtausch passiert? Scheine werden vernichtet, Münzen eingegossen. Um die Mark endgültig verschwinden zu lassen, benötigt es aber noch viele Funde wie die von Schneider und Mayer. Zum Stichtag 31. März waren noch 12,28 Milliarden D-Mark ausständig, davon 5,7 Milliarden in Scheinen und 6,58 Milliarden in Münzen. „Man kannte den Umlauf und so kann man das berechnen“, erklärt Reiner Pillep. „Vor der Pandemie haben wir bundesweit rund 90 Millionen im Jahr umgetauscht, Für 2023 rechnen wir mit 70 bis 80 Millionen. Wenn es so weitergeht, dauert es noch 175 Jahre.“
Dass die D-Mark jemals restlos umgetauscht wird, ist allerdings unwahrscheinlich: Manches Geld ist womöglich für immer verschwunden, vernichtet oder in den Händen von Sammlern, die nicht am Umtausch interessiert sind. Der soll trotzdem immer möglich bleiben, stets zum selben Kurs wie seit 2002. „Das Vertrauen, das damals in der nationalen Währung zum Ausdruck kam, soll aufrechterhalten werden“, sagt Pillep zu dieser Politik. THOMAS JENSEN