„Dem Handel ist die Girokarte am liebsten“

von Redaktion

Verbraucherschützer warnen vor höheren Kosten im Einzelhandel, sollten die Banken ihren Kunden keine Girokarten mehr ausgeben

München – Zwei Brezen und ein Kaffee: Wer morgens zum Bäcker geht, gibt oft nur ein paar Euro aus. Doch selbst die hat man häufig nicht bar im Geldbeutel. Deshalb wird immer mehr bargeldlos bezahlt, auch bei Kleinstbeträgen.

Was viele dabei nicht wissen: Bei jeder dieser Zahlungen fallen Gebühren an. Und die trägt nicht der Kunde, sondern der Verkäufer, also der Kiosk ums Eck, der Bäcker, der Einzelhändler oder der Onlineshop. Wie hoch diese Gebühren sind, hängt von der Karte ab, mit der gezahlt wird. Am günstigsten sind für die Händler die klassischen Girokarten. In der Regel zahlen sie hier etwa 0,2 bis 0,3 Prozent des mit der Karte beglichenen Umsatzes. Macht ein Bäcker also 10 000 Euro Umsatz im Monat, sind das 25 Euro, bei einem Onlineshop mit 100 000 Euro Umsatz wären es schon 250 Euro. Hinzu kommen gegebenenfalls einige Euro für Service, Miete des Kartenlesegerätes und Zahlungsverrechnung.

Ein überschaubarer Betrag, der aber wachsen kann, wenn nicht mit der Girokarte bezahlt wird. Akzeptieren Händler auch Debitkarten oder Kreditkarten wie Visa, Mastercard oder American Express, kann sich die Summe, die sie an die Kartenanbieter abdrücken müssen, schnell vervielfachen. So verlangen Mastercard und Visa für ihre Debitkarten knapp unter einem Prozent Transaktionsgebühr, bei den Kreditkarten selbst oft bis zu 1,2 bis 1,5 Prozent. Kein Wunder, dass allein in Bayern rund 32 000 Einzelhändler ausschließlich Girokarten akzeptieren, schätzt der Handelsverband Bayern (HBE).

Schon um weiter an allen Terminals zahlen zu können, sollten Bankkunden darauf bestehen, dass sie auch künftig Karten mit Giro- sowie einer globalen Zahlungsfunktion bekommen, rät Bernd Ohlmann vom HBE. Er sieht es kritisch, dass einige Onlinebanken wie die DKB ihren Kunden die kostenlosen Girokarten gestrichen und sie durch eine Debitkarte ersetzt haben. Denn dadurch muten sie dem Handel höhere Kosten zu. „Uns ist die Girokarte am liebsten, weil sie die niedrigsten Gebühren hat“, bestätigt Ohlmann. „Sollten die Banken das Maestro-Aus als Vorwand nehmen, um nur noch Karten ohne Giro-Funktion auszugeben, würde dies im Handel zu stark steigenden Kosten im Zahlungsverkehr führen.“ Die dürften die Händler in Form steigender Preise an die Kunden weitergeben, warnen Verbraucherzentralen.

Doch auch die Banken sehen im Giro-System bei weitem kein Auslaufmodell: Die Girocard stehe nicht zur Disposition, erklärt etwa Steffen Steudel vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Sie sei mit 100 Millionen Karten und mehr als einer Million Akzeptanzstellen „mit Abstand die meistgenutzte Bankkarte“ in Deutschland. Im Jahr 2022 wurden 6,7 Milliarden Transaktionen mit ihr durchgeführt, dabei flossen 284 Milliarden Euro, jeweils über zehn Prozent mehr als im Jahr 2021. Heute erfolgt jede vierte Zahlung mit einer Giro-Karte.

Zudem scheinen sich Europas Banken ohnehin nicht zu stark von US-Anbietern wie Mastercard oder Paypal abhängig machen zu wollen. Seit Jahren wird ein eigenes Europäisches Zahlungssystem geplant, das EPI. Ursprünglich sollte es einmal ein Kartensystem umfassen, doch das ist vom Tisch. Dafür wird es einen „Wallet“ genannten digitalen Geldbeutel geben. Er soll Geldtransaktionen an andere Personen und Unternehmen, im Internet, in Apps sowie im Handel auf Basis von SEPA-Echtzeitzahlungen ermöglichen. Auch Abos von Streamingdiensten, Zahlung bei Lieferung und Ratenzahlungen wird es geben. Das EPI soll bereits Ende 2023 in Deutschland, Belgien und Frankreich starten. ANDREAS HÖSS

Artikel 3 von 3