Keine Hoffnung für Bayerns Gletscher

von Redaktion

Forscher prognostiziert: Fast alle Ferner im Freistaat bis 2030 komplett verschwunden – schneereiche Winter helfen langfristig nicht mehr

München – Da waren es nur noch vier. Der sehr trockene und heiße Sommer 2022 hat den bayerischen Gletschern stark zugesetzt. Das Eis ist extrem geschmolzen. Beim Südlichen Schneeferner auf der Zugspitze bei Garmisch-Partenkirchen ist es stellenweise nicht einmal mehr zwei Meter dick. Das haben die Experten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (BAdW) bei Messungen im September festgestellt. Wenn das Eis so dünn ist, kann es sich nicht mehr bewegen. Die Wissenschaftler sprechen von „Toteis“. Sie vermuten, dass das Eis am Südlichen Schneeferner in den kommenden Jahren vollständig verschwinden wird. Deshalb hat die BAdW dem südlichen Schneeferner seinen Gletscherstatus aberkannt.

Weiter als Gletscher firmieren in Bayern der benachbarte Nördliche Schneeferner und den Höllentalferner an der Zugspitze, sowie das Blaueis und der Watzmanngletscher im Berchtesgadener Land. Bei den beiden letzteren „kann man natürlich geteilter Meinung sein“, erklärt Christoph Mayer, Gletscherforscher bei der BAdW. Auch hier ist ein Rückgang deutlich sichtbar. „Aber für uns sind die immer noch beobachtenswert.“

Wie schnell die Gletscher weiter schmelzen, das hängt nun stark vom Verlauf des Sommers 2023 ab. Der schneearme Winter bildete schon mal keine guten Voraussetzungen. Der viele Regen im April und Mai kam allerdings in Lagen über 2200 Metern eher als Schnee vom Himmel. So vermutet Mayer zumindest für die Zugspitzregion eine eher überdurchschnittliche Schneerücklage. „Das ist eigentlich nicht so schlecht. Da muss erst mal der Schnee schmelzen, bevor das Eis tauen kann.“ Zu optimistisch ist er aber nicht. „Wir haben schon wieder enorme Schmelzmengen im Juni gesehen“, betont Mayer. Und selbst wenn ein Winter mal wieder schneereicher ausfallen würde: Auf Dauer gesehen wäre das nur ein Zwischenspiel. „Das würde nicht wirklich was ausmachen im dauerhaften Trend.“

Der Glaziologe geht davon aus, dass bis Ende des Jahrzehnts fast alle bayerischen Gletscher verschwunden sein werden. „Einzig der Höllentalferner könnte noch etwas länger bestehen. Er ist immer noch relativ dick.“ Die Eisfläche wird auch von hohen Felswänden abgeschattet, außerdem versorgen ihn Lawinen mit zusätzlichem Schnee.

Doch die Forscher sind sich einig: Die Gletscher werden abschmelzen. Das lässt sich nicht mehr vermeiden. Der Rückgang des Eises macht ganz deutlich: Der Klimawandel schreitet voran. Wenn die bayerischen Gletscher verschwunden sind, hat das Auswirkungen auf das lokale Klima, ist sich Mayer sicher. Gletscher sind Wasserspeicher – schmelzen sie ab, hat das Auswirkungen auf die Wasserversorgung auch unten im Tal. „Das lokale Ökosystem wird sich deutlich ändern, wenn die Gletscher weg sind.“ KATHARINA BRUMBAUER

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