Die Sturm-Schneise durch Oberbayern

von Redaktion

München – Glassplitter knirschen unter Peter Pfrogners Schuhen, als er über die Straße zu seinem VW-Bus geht – oder zu dem, was davon übrig ist. Denn in der Unwetternacht von Dienstag auf Mittwoch krachte ein massiver Baum auf den Wagen. Pfrogner (67) und seine Tochter Mira (35) haben es noch genau vor Augen. Um Mitternacht peitschten Böen durch die Zieblandstraße in der Münchner Maxvorstadt – und dann knickte der Baum einfach um.

„Ich habe noch überlegt, den Bus umzuparken“, erzählt Peter Pfrogner. Aber das Unwetter kam schnell und hinterließ eine Schneise der Zerstörung. Wenige Meter von seinem Autowrack entfernt baumelt ein Stromkabel. „Der Stamm hat es abgerissen – dann sind Funken gesprüht“, erzählt Mira Pfrogner. Sie und ihr Vater waren bis halb vier Uhr morgens wach.

Notrufe im Minutentakt

Der Bus der Pfrogners war nicht das einzige Auto, das dem Sommersturm zum Opfer fiel. Allein die Münchner Feuerwehr rückte zu insgesamt 600 Einsätzen bis zum Nachmittag aus, bayernweit waren es weit über 1000 Einsätze. Vorsorglich waren statt der üblichen sechs Mitarbeiter in der Leitstelle in München in der Nacht 41 anwesend. Die Anrufe kamen im Minutentakt.

Mehrere Personen im Stadtgebiet wurden durch herumfliegende Gegenstände verletzt, erlitten Schnittverletzungen oder Kopfplatzwunden. Einige mussten laut Feuerwehr zur Behandlung ins Krankenhaus. Auf dem Tollwood richtete der Sturm glücklicherweise keine großen Schäden an. Die Besucher mussten aus Sicherheitsgründen die Zelte verlassen. Ein Motorradfahrer verletzte sich bei einem Unfall schwer, als ihn laut Zeugen eine Windböe erwischte. Wegen Ästen auf den Straßen, Trambahngleisen und -oberleitungen kam es bei den Bussen und Trambahnen zwischen Mitternacht und 2 Uhr laut MVG zu „erheblichen Verspätungen“. Am Morgen lief alles größtenteils wieder nach Plan – ganz im Gegensatz zur S-Bahn (siehe Text unten).

Mit dem Schneeräumer auf der Autobahn

Umgestürzte Bäume und abgerissene Äste sorgten in ganz Bayern für Verkehrsbehinderungen. Besonders heftig traf es die Autobahn 95 kurz vor Mitternacht auf den Streckenabschnitten zwischen Schäftlarn und Höhenrain und zwischen Penzberg und Murnau. Weil so viel Geäst auf der Fahrbahn lag, rückte die Autobahnmeisterei sogar mit Schneeräumfahrzeugen aus, um das Chaos zu beseitigen. Die Verkehrspolizei war zu sogenannten Drosselfahrten unterwegs, um Unfälle zu vermeiden. Ganz gelang das nicht: Eine vom Sturm auf die Fahrbahn gewehte Kabeltrommel einer Baustelle traf einen VW-Bus. Es blieb aber bei einem Blechschaden.

Schiffbrüchige auf dem Tegernsee

Auf dem Tegernsee musste die Wasserrettung nach dem Seefest in Rottach-Egern ausrücken. Traditionell beobachten viele Besucher das dortige Feuerwerk vom Wasser aus. Doch gegen Mitternacht, als das Unwetter heran rauschte, kenterten fünf Boote, 25 Personen in Seenot mussten gerettet werden. Verletzt wurde aber niemand.

Heftiger erwischte es zwei Frauen in Biessenhofen im Allgäu, die ein Zirkuszelt sichern wollten. Eine Böe riss das Zelt um, die beiden Frauen befanden sich darunter. Beide kamen mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus. In Graßlfing (Kreis Fürstenfeldbruck) stürzten mehrere große Bäume auf einen Wohnwagen. Der 60-jährige Eigentümer wurde in dem Gefährt eingeklemmt und musste von der Feuerwehr befreit werden. Auch er wurde schwer verletzt.

Schulen bleiben wegen Sturmschäden dicht

Sturmfrei mal anders – das galt gestern in Gröbenzell im Kreis Fürstenfeldbruck. Denn dort fiel auf dringenden Rat des Feuerwehrkommandanten nach dem Unwetter der Unterricht an den örtlichen Schulen aus. Die Gefahr für die Schüler sei wegen den vielen Ästen, die auch am Morgen immer noch herabzustürzen drohten, zu groß.

Und wie geht’s weiter mit dem Wetter?

Zumindest zum Start ins Wochenende können sich die Menschen in Bayern wieder auf ruhigeres Wetter, aber auch wieder auf hochsommerliche Temperaturen einstellen. Am heutigen Donnerstag bleibt es noch etwas kühler mit 21 bis 27 Grad und vereinzelten Gewittern. Dann wird es wieder heiß, mit bis zu 38 Grad am Samstag, wie der Deutsche Wetterdienst mitteilt. In der Nacht zum Sonntag könnten dann allerdings schon wieder kräftige Gewitter drohen.

rmi/nba/dg/st/dak

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