„Die Situation bleibt angespannt“

von Redaktion

Kommunen unter Druck: Zuletzt haben in Deutschland so viele Menschen Schutz gesucht wie seit 2015 nicht mehr

München – Unklar. So bezeichnet Stephan Scharf, Sprecher des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen, die Flüchtlingslage bei ihm im Landkreis. Zwar kann man nicht sagen, dass die Unterkünfte kapazitätsmäßig wieder am Anschlag sind. Die auf 100 Personen ausgelegte Villa Nova, die Erstaufnahmeeinrichtung des Landkreis, ist im Schnitt zur Hälfte belegt. Im Abrams-Komplex, den die Regierung von Oberbayern betreibt, sind knapp 100 Plätze frei. Doch wie es weitergeht, lässt sich kaum sagen. 1021 Asylbewerber sind derzeit im Landkreis untergebracht, dazu kommen 1400 Flüchtlinge aus der Ukraine. Garmisch-Partenkirchen erfüllt seine Aufnahmequote zu rund 130 Prozent, betont Scharf. „Die Situation bleibt angespannt.“

So ähnlich ist es vielerorts. Zuletzt haben in Deutschland so viele Menschen Schutz gesucht wie seit 2015 nicht mehr. Im Jahr 2022 kamen laut Daten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mehr als 244 186 Menschen in die Bundesrepublik – ukrainische Kriegsflüchtlinge fallen noch nicht unter diese Statistik. Die Flüchtlingsströme nahmen 2022 deutlich zu. Das habe sicher auch damit zu tun, dass 2021 wegen der Corona-Pandemie Reisen noch eingeschränkt möglich waren, erklärt das BAMF: Im Jahr 2021 kamen noch  190 816 Menschen in die Bundesrepublik. Damit ist die Zahl der nicht-ukrainischen Schutzsuchenden, die hier Asyl beantragen, um 27,9 Prozent gestiegen. In Bayern landeten im Jahr 2022 28 944 Flüchtlinge, das sind 43,8 Prozent mehr als noch 2021, damals suchten 20 089 Menschen Schutz. Die Gründe, die die Neuankömmlinge für ihre Flucht angeben, seien so vielschichtig, dass das BAMF sie gar nicht statistisch erfasst.

Im Jahr 2023 bleiben die Flüchtlingsströme auf hohem Niveau. Im Zeitraum Januar bis Mai wurden in Deutschland 135 000 Asylanträge gestellt, 66 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2022 (81 784). In Bayern suchten von Januar bis Mai 19 694 nicht-ukrainische Flüchtlinge Schutz. Im gleichen Zeitraum im Vorjahr waren es noch 9384 Personen. Eine Steigerung von 109 Prozent. Auffällig ist dabei: Stiegen die reinen Zahlen der monatlichen Asylanträge im vergangenen Herbst bis zum Jahreswechsel noch sprunghaft an (abgesehen von einem geringen Abfall im Dezember), sind diese Zahlen seit Januar leicht rückläufig, Im ersten Monat 2023 beantragten 29 072 Menschen in der Bundesrepublik Asyl, im Februar waren es noch 24 027, im März 25 175, im April 19 629 und im Mai allerdings wieder 21 949 Personen.

Die meisten Flüchtlinge kamen 2022 aus Syrien (72  646 Asylanträge), Afghanistan (41 471) der Türkei (25 054) und dem Irak (16 328) in die Bundesrepublik. „Man kann sagen, dass auch die Flüchtlinge in Bayern meist aus diesen Herkunftsländern kommen“, sagt Jochen Hövekenmeier, Pressesprecher des BAMF: Seine Behörde versuche, die Geflüchteten nach dem Königsteiner Schlüssel möglichst gleichmäßig auf die Bundesländer zu verteilen. Der Anteil an Flüchtlingen, den ein Land aufnehmen muss, richtet sich nach den Steuereinnahmen und der Einwohnerzahl. In den Ländern werden die Neuankömmlinge weiter in die Regierungsbezirke, Landkreise und Kommunen verteilt. „Dafür sind dann die Länder und Regierungsbezirke zuständig“, betont Hövekenmeier. Dann kann es passieren, dass manche Landkreise – wie Garmisch-Partenkirchen – ihre Quote übererfüllen, während andere Bezirke – zum Beispiel Miesbach – sie nur zu 80 Prozent erfüllen können. Weil sie keine weiteren Unterkünfte haben.

Krieg, Gewalt, Armut, das Klima: Es gibt viele Gründe, warum Menschen fliehen. Für sie Wohnraum zu finden, wird weiterhin zur Herausforderung für deutsche und bayerische Kommunen sowie Landkreise. „Deswegen sind wir weiterhin auf der Suche nach geeigneten Unterkünften“, betont Scharf vom Landratsamt Garmisch-Partenkirchen. KATHARINA BRUMBAUER

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