Michael B. Siegel (39) ist Anwalt für Reiserecht in München. Er erklärt, welche Rechte Rhodos-Reisende nun haben.
Können Reisen nach Rhodos storniert werden?
Bei Pauschalreisen gilt: „Reisende haben ein Rücktrittsrecht, wenn am Urlaubsort außergewöhnliche Umstände herrschen, die den Aufenthalt nicht möglich machen“, sagt Siegel. Das sei auf Rhodos durch die Brände jetzt der Fall. Um einen Rücktritt zu erklären, reichen ein Anruf oder eine E-Mail an den Reiseveranstalter vor Reiseantritt. Der Anbieter muss das bereits bezahlte Geld dann innerhalb von 14 Tagen zurückbuchen. Bei Individualreisen greift dieser Schutz nicht: „Bei einzelnen Flugbuchungen gibt es in solchen Fällen kein automatisches Rücktrittsrecht – außer die Fluglinie sagt den Flug selbst ab“, erklärt der Experte. Das volle Geld gibt es in der Regel nur auf Kulanz zurück. Anders sieht es aus, wenn eine Einreise in das Land nicht mehr möglich ist – weil etwa die Grenzen geschlossen werden. Damit wird ein Flug unmöglich. Bei Hotelbuchungen ist die Sache kompliziert: Grundsätzlich muss der Hotelanbieter zwar sicherstellen, dass er seine Leistungen über die gesamte Reisezeit anbieten kann. Ist das nur eingeschränkt möglich, weil die Brände das Hotel auf absehbare Zeit bedrohen, können Reisende im Grunde stornieren. Das Problem: „Viele dieser Hotels haben ihren Sitz in Griechenland – es greift nicht immer deutsches Recht.“ Im Streitfall kann es schwierig werden, rechtliche Ansprüche durchzusetzen.
Reisende mussten wegen der Brände ihr Hotel verlassen. Was gilt?
Bei Pauschalreisen ist der Reiseveranstalter in der Verantwortung. Im Fall Rhodos heißt das: „Ich sehe bei diesen Waldbränden eigentlich nur die Möglichkeit des Rückfluges“, sagt Anwalt Siegel. Diesen muss der Veranstalter für den Reisenden organisieren und bezahlen. Sollte der Anbieter ein alternatives Hotel vorschlagen, können Reisende das Angebot ablehnen. Und: Gibt es keine Möglichkeit, sofort zurückzufliegen, muss der Anbieter der Pauschalreise zudem in der Regel für drei Tage eine Ersatzunterkunft bezahlen. Bei Individualreisen gilt das nicht: Fluglinien sind nicht dazu verpflichtet, Rückflüge wegen Gefahrenlagen vorzuverlegen. Der Reisende ist für sich selbst verantwortlich.
Wegen der akuten Brandgefahr müssen Reisende ihr Gepäck im Hotel zurücklassen. Gibt es Schadenersatz?
Bleibt das Hotel unbeschadet, können Reisende ihr Gepäck zurückverlangen. Wenn die Unterkunft und das Gepäck jedoch selbst von dem Feuer beschädigt wurden, gibt es grundsätzlich keinen Schadenersatz. „Das gilt als allgemeines Lebensrisiko.“ Reiseveranstalter müssen nicht aufkommen. Ähnliches gilt, wenn sich jemand bei Evakuierungen verletzt. Dann haften Reiseanbieter nicht. Im Zweifel rät Siegel, einen Reiseanwalt zu konsultieren. JULIAN LIMMER