München – Annette von Scholley-Pfab leitet beim Landesbund für Vogelschutz (LBV) München den „Arbeitskreis Schmetterlinge“. Außerdem bietet die 69-Jährige Führungen an, zählt Bestände und kämpft für die Artenvielfalt im Münchner Stadtgebiet.
Frau Scholley-Pfab, wie viele Schmetterlingsarten gibt es noch in München?
Seit 2001 haben wir in München 66 Tagfalter- und 1136 Nachtfalter- und Kleinschmetterlingsarten nachgewiesen. Viele Arten haben wir jedoch schon verloren, sie sind ausgestorben oder gelten als verschollen.
Haben Schmetterlinge und auch andere Insekten überhaupt noch eine Chance in der Großstadt?
Ja, wenn ihnen genügend Lebensraum zugestanden wird. Dort muss es Nahrung für Falter und Raupen geben, das Mikroklima muss stimmen, geeignete Plätze für die Überwinterung müssen vorhanden sein. Es gibt auch in einer so dicht besiedelten Stadt wie München noch wertvolle Biotope, die seltenen Tieren und Pflanzen eine Heimat bieten. Wir vom LBV betreuen in der Stadt und im Landkreis knapp 100 Hektar Biotop-Flächen, zum Beispiel das Heidebiotop am Ackermannbogen oder die Wildblumenwiese in Obergiesing. Aber diese Flächen reichen natürlich nicht aus, um die Arten auf Dauer zu schützen, zumal wir Gefahr laufen, einige Biotope wieder zu verlieren, so wie das Virginia Depot im Münchner Norden, das teilweise bebaut werden soll. Umso wichtiger ist es, dass nicht bebaute Flächen wie Parks oder Gärten insektenfreundlich gestaltet sind.
Wie genau sieht das aus?
Die oberste Regel ist: Hände weg von jeglicher Chemie. Diese tötet nicht nur den Schädling, sondern auch viele anderen Insekten wie Schmetterlinge. Die zweite Regel: In den Garten gehören einheimische Pflanzen, und zwar Wild- und Wiesenblumen und nicht hochgezüchtete Arten, die zwar schön aussehen mögen, deren Blüten aber kaum mehr Nektar haben. Apfelbaum und Rose sind zwei Pflanzen, die von vielen Schmetterlingsarten genutzt werden können, leider werden diese bei Schädlingsbefall oft gespritzt.
Was raten Sie stattdessen?
Ich rate zur Gelassenheit. Blattläuse auf der Rose sind für Marienkäfer oder Florfliegen eine wichtige Nahrungsquelle. Gegen den Apfelwickler hilft gut ein Wellpappegürtel, der den Befalldruck völlig giftfrei reduziert.
Welche Pflanzen sind noch Schmetterlingspflanzen?
Wichtig ist, dass auch die Raupen Nahrung finden – ohne Raupen keine Schmetterlinge. Gut für Raupen sind die gemeine Fichte, die Waldkiefer, Pflaume und Zwetschge, Labkraut und der Liguster, eine ideale Heckenpflanze, auf die viele Kleinschmetterlinge angewiesen sind. Nektarreiche Gartenpflanzen sind Seidelbast, Spornblume, Kronwicke, Herbstaster, Fetthenne, Distel, Nachtkerze und Efeu. Für den Balkon eignen sich etwa Lavendel, Thymian, Oregano oder Salbei. Wildblumen sind ebenfalls ideal – für Garten und Balkon.
Viele Kleinschmetterlingsarten sind nachtaktiv. Wie störend sind Gartenlaternen und Lichterketten?
Lichtverschmutzung ist für viele nachtaktive Tiere tatsächlich ein großes Problem. Kleinschmetterlinge und Nachtfalter werden magisch von Lichtquellen angezogen, vor allem, wenn das Licht einen hohen Blau-Anteil hat. Anstatt nach Futter zu suchen, sich zu vermehren oder Blüten zu bestäuben, tanzen die Schmetterlinge bis zur Besinnungslosigkeit um die Laterne herum und werden zudem leicht Beute von Fressfeinden. Besser sind warmweiße LEDs, weil sich Insekten für diese Lichtfarbe kaum interessieren. Also: Wenn es im Garten denn leuchten soll, dann bitte in warmweiß.
Interview: Beatrice Oßberger
Weitere Infos
über schmetterlingsfreundliches Gärtnern bietet die Broschüre „Vielfaltriges München“, die beim LBV abrufbar ist: www.lbv-muenchen.de/lbv-aktiv/arbeitskreise/schmetterlinge/