So bleiben Sie fit bis ins hohe Alter

von Redaktion

VON ANDREAS BEEZ

München – Sie sind drei Paradebeispiele dafür, wie man sich Lebensqualität bis ins hohe Alter erarbeitet: Irene König (93), Hildegard Scheucher (90) und Adolf Tratz (89) nehmen gemeinsam zweimal wöchentlich am „bestform-Training“ in der Senioreneinrichtung St. Michael im Münchner Stadtteil Berg am Laim teil. „Nach einem schweren Radunfall bin ich dadurch wieder auf die Beine gekommen. Speziell das Krafttraining hat mir sehr geholfen. Ich fühle mich jetzt wieder viel sicherer, kann lange Spaziergänge machen und wieder viel besser schlafen“, berichtet Adolf Tratz.

Was für andere Menschen selbstverständlich klingt, bedeutet für den früheren Postler eine Rückkehr zur schmerzlich vermissten Normalität. Bis vor einem Jahr wohnte er noch alleine in seinem Reihenhaus, versorgte sich nach dem Tod seiner Frau vor zwölf Jahren selbst.

Alles lief gut, bis Tratz mit dem Rad stürzte, sich das Bein kompliziert brach und operiert werden musste. Mit nur noch 50 Kilo Gewicht zog er ins Seniorenheim St. Michael. „Heute bringe ich wieder 65,6 Kilo auf die Waage. Das Training hat sich gelohnt, ich drücke mit der Beinpresse sogar 20 Kilo weg. Bei manchen Geräten konnten ich den Widerstand inzwischen verdoppeln“, sagt der 89-Jährige stolz.

Seiner Mitbewohnerin Hildegard Scheucher halfen Kraft- und Koordinationsübungen, besser mit leichtem Schwindel und Gehstörungen, bedingt durch Polyneuropathie in den Füßen, zurechtzukommen: „Ich habe jetzt ein besseres Gleichgewichtsgefühl.“ Das Training in der Gruppe habe ihr auch mental sehr gut getan, berichtet die 90-Jährige. Denn das Training bringt auch Spaß und sozialen Kontakt.

Die Sportwissenschaftlerin Julia Isaak vom Team der TU München zählt zu den Gesichtern der „bestform-Studie“ in mehr als 20 oberbayerischen Senioreneinrichtungen wie St. Michael. „Für uns ist es einfach schön zu erleben, wie eifrig und regelmäßig die Senioren bei der Sache sind. Das ist bereichernd“, erzählt Isaak.

Sport kennt kein Alter – das Motto der Studie lebt auch Irene König vor. Sie gehört mit ihren 93 Jahren zu den ältesten Teilnehmern – und ist besonders motiviert. Die „bestform“-Termine sind in Stein gemeißelt: „Ich würde das Training auch an meinem 100. Geburtstag nicht auslassen“, sagt Irene König und schiebt einen Rat hinterher: „Man darf im Alter nicht im Sessel sitzen bleiben und auf dem Zimmer versauern. Man muss den inneren Schweinehund überwinden und sich regelmäßig bewegen – auch wenn es manchmal schwerfällt.“

Wer bis ins hohe Alter gesund und fit bleiben will, der sollte an zwei wichtigen Stellschrauben in seinem Alltag drehen. „Mit regelmäßiger Bewegung und einer bewussten Ernährung lässt sich viel beeinflussen“, betont Professor Dr. Martin Halle. Er ist Präventionsmediziner und Chefarzt im Münchner Uniklinikum rechts der Isar und gibt neun praktische Tipps:

` Bewegung Lohnt sich       in jedem Alter

Das stimmt auch dann, wenn man an chronischen Erkrankungen etwa der Nieren, des Herzkreislaufsystems oder der Gelenke (Arthrose) leidet. „Je kränker die Menschen sind, desto größer sind die Effekte regelmäßigen Trainings“, betont Prof. Halle. Sein Paradebeispiel ist ein Patient mit Kunstherz: „Er hat seine körperlichen Leistungswerte fast verdoppelt.“ Wie sehr selbst Hochbetagte von Training profitieren, untersucht der Sportwissenschaftler derzeit mit seinem Team in einer der größten Studien dieser Art weltweit. Am sogenannten „bestform-Projekt“ haben mehr als 400 Senioren aus oberbayerischen Betreuungseinrichtungen teilgenommen, darunter auch Irene König, Hildegard Scheucher und Adolf Tratz.

a Im Alter ist Krafttraining      entscheidend

„Bis zum 80. Geburtstag haben viele nur noch rund 50 Prozent ihrer einstigen Muskelmasse – und damit ein hohes Risiko für Stürze und Knochenbrüche“, sagt Halle. „Zudem werden die Knochen poröser, und die Gleichgewichtsfähigkeit verschlechtert sich. Wer mehr Muskeln hat, fühlt sich sicherer und hat auch dichtere, stabilere Knochen.“ Ergänzend wichtig sind Übungen für Koordination, Beweglichkeit und Ausdauer. „Wer diese Zeit investiert, der altert gesünder, bleibt geistig fit und hat eine höhere Lebenserwartung“.

b Stolperfallen im Haushalt       möglichst beseitigen

Teppichkanten, Kabel, rutschige Böden in Badewanne oder Dusche sind gefährliche Fallen. Wie gefährlich, zeigt die Unfallstatistik: Fast ein Drittel der 65-Jährigen sowie die Hälfte der über 80-Jährigen stürzt jährlich mindestens einmal. Oft ist ein Oberschenkelhalsbruch die Folge, jeder fünfte Betroffene wird in der Folge zum Pflegefall. Und nicht vergessen: Regelmäßiges Training hilft, das Sturzrisiko zu verringern.

c Viel Joghurt und Quark

Milchprodukte wie Joghurt und Quark enthalten viel Eiweiß und Kalzium. „Das stärkt die Knochen und hilft, Osteoporose vorzubeugen“, sagt Halle. „Und es ist für den Muskelaufbau entscheidend.“

d Gemüse gut zerkleinern

Viele Senioren leiden unter Zahnproblemen und/oder tragen Prothese, also künstliche Gebisse. „Große, harte Gemüsestücke können ihnen Probleme bereiten, die Verdauung ist dann nicht optimal“, erklärt Halle.

e Ungesättigte Fettsäuren

Ungesättigte Fettsäuren gehören möglichst oft auf den Speisenplan. Halle: „Diese stecken unter anderem in Hülsenfrüchten, Nüssen und Olivenöl. Ungesättigte Fettsäuren wirken der Alterung der Blutgefäße entgegen.“

f Verstopfung vermeiden

Bei Darmträgheit und Verstopfung hilft eine spezielle Frühstücks-Kombi. Halle: „Sie besteht aus Ballaststoffen wie Leinsamen und Trockenobst.“ Diese Kombi einfach mit 300 Milliliter lauwarmem Wasser ergänzen und jeden Morgen gut gekaut essen.

g Viel trinken

Gerade bei vergrößerter Prostata ist das wichtig. Gerade Männer mit vergrößerter Prostata trinken häufig abends zu wenig, um nachts nicht zur Toilette zu müssen. Zudem ist im Alter das Durstgefühl oft gestört. Gerade mit Blick auf die Nieren sollten es mindestens 1,5 Liter sein – am besten Wasser mit einem Spritzer Ingwer, einer Scheibe Zitrone oder ungesüßter Tee. .„Im Alter braucht die Niere Flüssigkeit, um ihre Funktion aufrechterhalten zu können“, erklärt Halle.

h Eiweißreich ernähren

„Mit viel Gemüse zu kochen, ist gut und gesund, aber es sollte auch mal Fisch und Fleisch auf den Teller“, rät Halle. „Beide Lebensmittel enthalten viel Eiweiß. Das ist ein wichtiger Baustoff für die Muskeln – und insbesondere dann wichtig, wenn Sie regelmäßig trainieren.“

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