München – Seit Jahren geht es im Sommer nach Fuerteventura. Weiße Sandstrände, türkisblaues Wasser. Der Surf-Urlaub auf der kanarischen Trauminsel ist für Sportredakteur Klaus Heydenreich Familientradition. Zur Tradition gehört eigentlich auch der Abflug vom Münchner Flughafen – diesen Freitag jedoch startet der Flieger in Leipzig. „Wir sind noch nie von Leipzig geflogen“, sagt Heydenreich. „Aber diesmal war der Flug aus München schockierend teuer.“
Mehr als 800 Euro für Hin- und Rückreise wären pro Kopf angefallen, als der 51-Jährige Ende Mai Tickets für sich, seine Frau Susi und seine zwei Kinder Oskar und Marlene buchen wollte. „Ich fing an, nach Reisen von anderen Flughäfen zu suchen: Salzburg, Memmingen und dann Leipzig. Da gab es Tickets für knapp 400 Euro – die Hälfte von dem, was wir in München gezahlt hätten.“
Kleine Airports bieten oft günstige Flüge
Grund für den Preisunterschied könnten die Sommerferien sein, vermutet der Familienvater: Während sie in Bayern erst vor zwei Wochen angefangen haben, enden sie in Sachsen an diesem Wochenende. Für die rund 1600 Euro, die sich die Familie durch den Abflug vom Leipziger Flughafen spart, lohnen sich die knapp viereinhalb Stunden Autofahrt aus Unterhaching, findet Heydenreich.
So denken immer mehr Menschen, sagt Torsten Busacker, Experte für Verkehrsträgermanagement an der Hochschule München. „Eigentlich gilt der Flughafen München als ein Airport mit wenig Konkurrenz“, erklärt der Professor. „Wenn man zum Vergleich in den Westen schaut, wo die Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn, Frankfurt, Amsterdam und Eindhoven so nah beieinander liegen, muss sich München sein Einzugsgebiet mit nur wenigen Flughäfen teilen.“ Der Flughafen München verzeichne zwar, abgesehen von der Pandemie, jährlich mehr Passagiere – auch aus dem Einzugsgebiet in München und Oberbayern, wie ein Sprecher des Münchner Airports unserer Zeitung auf anfrage sagt. Doch Busacker erklärt, dass sich in den vergangenen 15 Jahren der allgemeine Trend dahin entwickelt, nicht mehr immer zwingend den nächstgelegenen Airport zu nutzen, um in den Urlaub zu fliegen. Das liege an der Möglichkeit, selbst Preise im Internet vergleichen zu können. „Früher ist man ins Reisebüro gegangen und hat sich informiert, wohin man vom Münchner Flughafen reisen kann“, sagt Busacker. „Heute hat man sein Reiseziel oft bereits im Kopf und googelt, von welchem Airport der Abflug am günstigsten ist.“
Und noch einen Grund nennt Busacker: Der Flughafen München sei stark auf Geschäftsreisen ausgelegt: „Die Lufthansa bedient traditionell Dienstreisen und hat großen Einfluss auf das Ziel-Angebot am Airport. Viele Urlaubsorte wie das ägyptische Sharm el Sheik oder bestimmte spanische oder griechische Inseln werden aus München gar nicht oder nicht täglich direkt angeflogen, weil sie für die Lufthansa uninteressant sind.“ Für kleinere Airlines, die hauptsächlich solche Ziele anbieten, sei es günstiger, auf andere Flughäfen wie Nürnberg auszuweichen – Check-in-Schalter würden dort nur etwa ein Drittel des Münchner Preises kosten.
Dass der Flughafen München eher für Geschäftsreisende attraktiv ist, zeigt sich auch in den Preisen fürs Parken. Wer eine Woche im „P20“, dem Parkhaus neben Terminal 2, parken möchte, zahlt 185 Euro. In Nürnberg kostet ein „Premiumparkplatz“ mit zweiminütigem Fußweg zum Terminal hingegen nur 120 Euro. „Einem Arbeitgeber macht das in der Regel nichts aus, für seinen Angestellten höhere Parkgebühren zu zahlen, wenn er dafür früher zurück im Büro ist“, sagt Torsten Busacker. „Ein Urlauber überlegt sich aber vielleicht zweimal, wo er sein Auto wochenlang stehen lassen möchte – und wie viel ihn das am Ende kostet.“
Memmingen wird zur ernsten Konkurrenz
Vor allem der Flughafen Memmingen wird seit seiner Eröffnung 2008 immer mehr als ernsthafter Konkurrent des Flughafens im Erdinger Moos wahrgenommen – auch wenn er der kleinste Verkehrsflughafen Bayerns ist. Billig-Fluggesellschaften wie Ryanair oder Wizzair bieten dort günstige Reisen nach Gran Canaria, Teneriffa oder Porto an. Der Flughafen Memmingen sei „in allen Bereichen auf Kostenminimalität ausgerichtet“, sagt Benedikt Mandel vom Unternehmen MKmetric, das Verkehrsanalysen für Flughäfen und Airlines erstellt. „Als Infrastruktur keine Augenweide und auch kein Hort der Gemütlichkeit“ beschreibt Mandel den Flughafen – „aber sehr effizient bei der Akquise von Low Cost Airlines und der reinen Befriedigung von Mobilitätsbedürfnissen zu möglichst geringen Kosten“.
Der beliebteste Airport in Bayern ist laut Mandel übrigens der Flughafen Nürnberg: Das liege nicht unbedingt am Flugangebot, sondern zu großem Teil an der kundenfreundlichen Infrastruktur: kurze Wege, einfache Orientierung, guter Service. Preis und Entfernung sind also nicht die einzigen Faktoren bei der Wahl des richtigen Flughafens.