Verbrannte Erde im Urlaubsparadies

von Redaktion

VON KATHRIN BRAUN

Rhodos – Im Garten des Hotels Ekaterini planschen wieder Familien im Pool. Kinder spielen auf dem Rasen, in den umliegenden Beeten blühen Kräuter, ein paar grüne Blätter ragen aus der verbrannten Baumkrone einer mächtigen Birkenfeige. „Die Natur erholt sich langsam“, sagt Hotelbesitzer Lefteris Laoudikos und streicht über eine Palme im Garten. Noch vor zwei Wochen war sie komplett schwarz. Die Liegestühle und Sonnenschirme waren geschmolzen. Die Zypressen, der Rosmarin, die Lavendelsträucher – alles weg, von den Flammen verschlungen. „Wir haben jetzt zwölf Tage lang unser Bestes gegeben, um unseren Garten wieder aufzubauen“, sagt der 33-Jährige. Dann lächelt er. „Es sieht doch gar nicht mehr so schlecht aus, oder?“

Gute elf Tage lang haben in Rhodos die Flammen gewütet. 25 000 Menschen wurden gerettet, sagt Georgios Hatzimarkos, Gouverneur der Region Südägäis – überwiegend Urlauber. „Es war die größte Evakuierung in der Geschichte Griechenlands.“

Für viele Touristen wurde der Urlaub zum Albtraum: Statt in Sterne-Hotels übernachteten sie in Turnhallen oder auf Strandliegen, Tausende wurden über Land oder das Meer in Sicherheit gebracht. Noch immer sind mehrere Orte in Griechenland von Ascheregen und unkontrollierten Bränden geplagt, aktuell die Metropolregionen Athen und Thessaloniki. Im Nationalpark Dadia in Nordostgriechenland wurden gestern die Leichen von 18 Menschen gefunden.

Auf Rhodos sind seit Ende Juli alle Feuer gelöscht. Nach Regierungsangaben gab es hier weder Verletzte noch Tote. Was bleibt, ist verbrannte Erde – und die Sorge, dass die Touristen der Ferieninsel nun fernbleiben.

An der Südostküste von Rhodos, im Badeort Kiotari, wirkt das Hotel Ekaterini wie eine grüne Oase. Rund um die Anlage erstreckt sich eine Landschaft aus Asche und trockenen Ästen. Mit Spendengeldern von Stammgästen und der Hilfe des Reiseveranstalters Alltours konnte die Familie zumindest den Hotelbereich wieder herrichten. „Wir haben 400 neue Pflanzen geholt, die Palmen vom Ruß befreit, die Fassade des Hotels gestrichen“, sagt Lefteris Laoudikos stolz. Wer aber den Garten mit den Bildern vergleicht, mit denen das Hotel im Internet wirbt, weiß, mit welchem Verlust Laoudikos zu kämpfen hat.

Der Familienbetrieb war im Dorf für seinen blühenden Garten bekannt. Der Großvater von Laoudikos galt als einer der besten Gärtner im Ort, erzählt die Familie. Für Familienvater Yiannis Laoudikos ist der Außenbereich sein Ein und Alles. Dann, am 22. Juli, fraßen sich die Flammen bis zum Ekaterini durch.

„Eigentlich galt unser Hotel als sicher. Wir hatten an dem Tag rund 600 Gäste aufgenommen, die aus anderen Hotels fliehen mussten“, erinnert sich Lefteris Laoudikos. „Unser Hotel ist klein, wir haben nur 60 Zimmer. Meine Mutter stand den ganzen Tag in der Küche und hat die Menschen versorgt.“ In der Nacht kam dann die Meldung, dass auch das Ekaterini evakuiert werden müsse. „Wir haben den Gästen unsere privaten Autos gegeben, um den Ort zu verlassen.“ Einheimische nahmen Urlauber in ihren Häusern auf. „Die Hilfsbereitschaft war riesig“, sagt Laoudikos.

Er selbst floh mit seinem zweijährigen Sohn, seiner schwangeren Frau und seiner Mutter in den Nachbarort. „Mein Vater und mein Cousin blieben mit einem Freund der Familie da, um das Hotelzu schützen“, erzählt er. „Sie standen die ganze Nacht mit einem Wassertank vor dem Haus, um gegen die Flammen zu kämpfen.“ Die Taverne des Familienfreundes ist in dieser Nacht abgebrannt.

Bis auf die Außenanlage ist das Hotel der Familie Laoudikos verschont geblieben. So wie fast alle Häuser auf der Ferieninsel. Von 41 Hotels, die schließen mussten, hätten bis auf zwei alle wieder geöffnet, sagt Oliver Grosse-Kleimann von Alltours. Durch die starken Winde sei das Feuer so schnell über die Insel gerauscht, dass Gebäude kaum Schäden abbekommen hätten. Auch die Natur sehe beschädigter aus, als sie ist – viele Bäume sind zwar schwarz, ihre Wurzeln seien aber noch intakt, erklärt er.

Der Waldbrand hat dem Image der Insel geschadet. In den vergangenen Wochen sei bei vielen Urlaubern der Eindruck entstanden, ganz Rhodos sei abgebrannt, sagt Grosse-Kleimann. „Man darf nicht vergessen, dass nur knapp fünf Prozent der Insel betroffen waren.“ Tatsächlich war im gesamten nördlichen Rhodos nichts von den Bränden zu spüren. Wer am Flughafen Diagoras nahe der Stadt Rhodos landet, muss eine Stunde Richtung Süden fahren, um die Schäden des Brandes sehen zu können.

Auch Gouverneur Georgios Hatzimarkos plagt die Sorge, dass die Urlauber ausbleiben. In der Südägäis würden 97,1 Prozent des Bruttoinlandprodukts durch Tourismus erwirtschaftet, sagt er. „Wir müssen uns besser auf die Zukunft vorbereiten.“ Klimaschutzmaßnahmen stünden an oberster Stelle. Die Trockenheit sorge mittlerweile jedes Jahr für mehrere Brände in Griechenland, starke Sommerwinde würden die Flammen befeuern. Auch die richtige Bepflanzung spiele eine wichtige Rolle. Pinien etwa seien ein Brandfaktor, weil die Zapfen schnell Feuer fangen. „Und wir müssen die Ermittlungen vorantreiben, was die Ursache angeht.“ Waldbrände seien in fast allen Fällen durch Menschenhand verursacht. „Wenn Sie mich nach meiner Meinung fragen, war es Brandstiftung“, sagt der Gouverneur.

Warum er das glaubt, verrät er nicht. Jetzt gehe es erst mal darum, sich von dem Schock zu erholen. Im Ekaterini, wo die Birkenfeige wieder anfängt zu blühen, blickt Familie Laoudikos wieder optimistisch in die Zukunft.

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