München – Bei seinem Aufenthalt in der belarussischen Hauptstadt Minsk wählte er ein Hotel gewählt, das keine Fenster hat. Keine Möglichkeit, um auf mysteriöse Weise aus einem Gebäude zu stürzen. Im Exil wusste Jewgeni Prigoschin wohl schon genau, in welch einer Lebensgefahr er schwebt. Der Chef der Wagner-Söldner hatte mit seinem Aufmarsch gegen die Militärführung im Kreml den Zorn von Wladimir Putin auf sich gezogen.
Seine Angst vor den harten Werkzeugen des Kremls scheint nicht unbegründet zu sein. Es sind Geschäftsfrauen, mächtige Männer und russische Politiker, die in fast schon regelmäßigen Abständen und auf mysteriöse Weisen ums Leben kommen. Seit dem russischen Angriffs-Krieg auf die Ukraine scheint eine Todeswelle durch Russlands Elite zu rauschen. Allein in diesem Jahr wächst die Todesliste kontinuierlich – 16 Fälle zählt die englischsprachige Enzyklopädie Wikipedia. 24 Oligarchen und Geschäftsleute ließen demnach 2022 ihr Leben und gaben damit Rätsel auf. Unerwartet werden sie tot aufgefunden, nicht selten stürzen sie eben auch aus Fenstern.
Marina Yankina
So starb etwa Marina Yankina, eine hochrangige Finanzbeamtin des russischen Verteidigungsministeriums, als sie im Februar von einem Balkon eines Gebäudes in St. Petersburg 50 Meter in Tiefe stürzte. Offiziell wurde der Tod als Selbstmord gewertet, inoffiziell gab es in Yankinas Militärbezirk schon mehrfach Umstrukturierungen.
Maganow & Baikowa
Ein ähnliches Fenstersturz-Schicksal ereilte bereits im September 2022 den bekannten Lukoil-Manager Rawil Maganow. Er fiel aus einem Krankenhausfenster, nachdem der Vorstand des Öl- und Gasunternehmens unter seinem Vorsitz den Angriff auf die Ukraine verurteilte.
Am 23. Juni, einen Tag vor dem Putsch-Versuch der Wagner-Söldner, stürzte Kristina Baikowa, die Vize-Präsidentin der russischen Loko-Bank, ebenfalls aus einem Fenster. Russische Medien berichteten, dass sie sich mit einem Bekannten in ihrem Moskauer Appartement im 11. Stock auf einen Drink getroffen hatte. In der Nacht fiel sie dann vom Balkon – die Rede ist von einem Unfall. Gut drei Wochen vorher starb der Bezirksrichter Artyom Bartenew, als er aus dem 12. Stock eines Gebäudes fiel.
Pyotr Kucherenko
Russlands stellvertretender Wissenschaftsminister Pyotr Kucherenko starb im Mai dieses Jahres bei einem Rückflug aus Kuba. Als sich Kucherenko an Bord der Maschine plötzlich unwohl fühlte, machte die Maschine eine Notlandung. Doch jede Hilfe für den 46-Jährigen kam zu spät. Laut der „Moscow Times“ soll er davor mit einem Journalisten über eine mögliche Ausreise gesprochen haben. Er soll erzählt haben, dass eine Flucht nicht möglich sei, da Moskau die Pässe konfisziert habe. Dabei soll der Politiker auch den Krieg als eine „faschistische Invasion“ verurteilt haben.
Anton Cherepennikow
Der Tech-Milliardär Anton Cherepennikow wurde Ende Juli tot in seinem Büro aufgefunden. Sein Unternehmen ist in der Unternehmenssicherheit und Ermittlungssysteme tätig und hatte wohl auch den russischen Inlandsgeheimdienst FSB als Kunden. Besonders mysteriös ist die Erklärung zur Todesursache: Laut russischen Medien soll er an einer Überdosis eines medizinischen Gases verstorben sein. L. HUDELMAIER