Die Flugblattaffäre rund um Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) beschäftigt nach wie vor viele Menschen. Eine Auswahl der jüngsten Wortmeldungen.
„Eine lapidare schriftliche Erklärung und Hinterzimmer-Gespräche reichen hier nicht aus“, findet der bayerische DGB-Vorsitzende Bernhard Stiedl. „Auch im heute von Ministerpräsident Söder eigens einberufenen Sonder-Koalitionsausschuss ist es Hubert Aiwanger offenbar nicht gelungen, sich glaubhaft von dem ihm unterstellten Gedankengut zu distanzieren“, kritisierte Stiedl. Für eine Jugendsünde sei „die politische Tragweite zu groß“ und auch die Inhalte des Flugblatts zu gravierend. „Die Menschen in Bayern haben endlich ein Anrecht darauf, dass sich Hubert Aiwanger öffentlich und umfassend zu den Anschuldigungen erklärt.“
Kritisch äußert sich auch die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die in Feldafing (Kreis Starnberg) wohnt, derzeit aber auch Antisemitismusbeauftragte in Nordrhein-Westfalen ist. „Was für eine innere Haltung muss man haben, solche Sätze zur Verfolgung und massenhaften Ermordung der Juden, zum Holocaust, überhaupt zu erdenken und dann noch zu formulieren. Da bedarf es schon einer antisemitischen Grundhaltung“, sagte die Ex-Ministerin unserer Zeitung. „Und wie kann man diese Pamphlete mit sich herumtragen, anstatt sie sofort dem Direktor der Schule zu bringen, damit sie vernichtet werden?“ Mit diesen Vorwürfen könne man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und anderen eine „Schmutzkampagne“ vorwerfen. „Ganz egal, wer was damals von den Aiwanger Brüdern gemacht hat: Ein stellvertretender Ministerpräsident, der mit übelster antisemitischer Hetzpropaganda in Verbindung gebracht wird, kann nicht Vorbild sein und für Vertrauen in der Politik stehen“, so Leutheusser-Schnarrenberger.
Ganz anders äußert sich der deutsch-jüdische Historiker Michael Wolffsohn in der „Bild“-Zeitung. Er kritisiert, dass diejenigen, die den Vorgang öffentlich machten, anonym bleiben. „Als Jude wehre ich mich dagegen, dass Denunzianten uns Juden für ihre tagespolitischen Zwecke missbrauchen. Kurz vor den Wahlen in Bayern wollen sie den konservativen Aiwanger und seine Freien Wähler als Nazis und, daraus abgeleitet, Antisemiten abstempeln. Wer konservativ mit ,Nazi‘ und ,Antisemit‘ gleichsetzt, ist ahnungslos und verleumderisch. Wer es dennoch tut, lasse uns Juden aus diesem miesen Spiel raus.“