REAKTIONEN

Der Plan von der Duldung platzt

von Redaktion

Es war ein spektakulärer Vorstoß: Falls die Bayern-Koalition an der Aiwanger-Affäre zerbricht, wollte die SPD eine Minderheitsregierung der CSU dulden. Das ist nun wieder vom Tisch. Stattdessen schießt sich die Opposition gesammelt auf die Koalitionäre ein. Nun sei „klar, dass die CSU unter Markus Söder nicht nur rechts blinkt, sondern auch nach rechts winkt“, klagt SPD-Landeschef Florian von Brunn. „Heute ist ein trauriger Tag für das Ansehen von Bayern in Deutschland und der Welt“, denn mit Aiwanger werde ein „aktiver Rechtspopulist und früher auch rechtsradikal tätiger Aktivist als Stellvertreter in der Regierung akzeptiert“. Aus Berlin lässt Bundesinnenministerin Nancy Faeser verlauten, Söder handle aus „schlichtem Machtkalkül“.

Die Grünen in Bund und Land äußern sich moderater. Es sei ein „schlechter Deal für unser schönes Bayern“, sagt Spitzenkandidat Ludwig Hartmann. „Die schwerwiegenden Vorwürfe sind nicht ausgeräumt.“ Zweifel an Aiwangers demokratischer Gesinnung blieben. Vizekanzler Robert Habeck meldet sich mit den Worten, es gehe hier nicht um Jugendsünden, „sondern am Ende um den Grundkonsens dieser Republik, den jede Regierung in Bund und Ländern voll und ganz schützen muss“.

Von einem „Freifahrtschein für Aiwanger“ spricht FDP-Chef Martin Hagen. Nun sei die Landtagswahl eine Haltungsfrage. Landtagsvizepräsident Wolfgang Heubisch zeigt sich „maßlos enttäuscht“ von Söders Entscheidung. Der Ministerpräsident habe heute „die Chance verspielt, sich als überparteilicher Landesvater und moralische Instanz zu profilieren“. Aus der CDU im Bundestag kommt vorsichtige Unterstützung für Söder. Er habe „in einer schwierigen Situation eine sehr nachvollziehbare und wohl abgewogene Entscheidung getroffen“, sagt Fraktionsmanager Thorsten Frei. Zugleich habe er klargemacht: „Es darf bei Aiwanger nun nichts Neues mehr hinzukommen.“ Die Freien Wähler stellen sich erneut hinter Aiwanger. Fraktionschef Florian Streibl stützt die Version, das Flugblatt komme vom Bruder: „Wir sind der Auffassung, dass Hubert Aiwanger für das unverantwortliche und vollkommen inakzeptable Handeln eines Familienmitglieds vor mehr als drei Jahrzehnten keinerlei politische Verantwortung trägt.“ Nun werde die Koalition „stabil und in Einmütigkeit weiterarbeiten“.

Die Israelitische Kultusgemeinde reagiert reserviert. Präsidentin Charlotte Knobloch verbreitet, Aiwanger müsse nun „Vertrauen wiederherstellen und deutlich machen, dass seine Aktionen demokratisch und rechtlich gefestigt sind“. Inwieweit es ihm gelingen werde, „die Vorwürfe, die noch im Raum stehen, mit Worten und Taten zu entkräften, wird sich dabei zeigen“, sagte die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland. Zugleich sicherte sie zu: „Die Türen der jüdischen Gemeinschaft waren für ihn immer offen.“  cd

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