„Das hast du bravourös gelöst, Markus“

von Redaktion

VON KATHRIN BRAUN

Abensberg – Es gibt einen Namen, der fällt an diesem Morgen im Bierzelt besonders oft: In seiner Jugend hatte Markus Söder mal ein Plakat von Franz Josef Strauß über seinem Bett hängen, erzählt der Ministerpräsident in seiner Rede beim politischen Gillamoos. Insgesamt zehnmal erwähnt Söder sein Idol, den Altvater des Freistaats, der mittlerweile seit 35 Jahren tot ist.

Der Name Hubert Aiwanger fällt in der einstündigen Ansprache hingegen kein einziges Mal. Es soll an diesem Tag nicht um Söders Vize gehen, nicht um Flugblätter, Fragenkataloge oder zu späte Entschuldigungen – sondern um Bayerns Handwerker, die Landwirte, die „Hampel-Ampel“ in Berlin. Die nichts von all dem versteht, was den Menschen hier, im niederbayerischen Abensberg, wirklich wichtig ist.

Aiwanger ist in der Bundesrepublik noch immer Thema des Tages. Seit einer Woche ist er das. Während der Wirtschaftsminister ein paar Zelte weiter auffallend zurückhaltend zu seinen Wählern spricht (siehe Seite 2), versucht auch Söder, das Thema vergessen zu machen. Nur der CDU-Chef kann es bei seiner Gillamoos-Gastrede nicht lassen, seinem Kumpanen den Rücken zu stärken. „Das hast du bravourös gelöst“, ruft Friedrich Merz dem schmunzelnden Söder auf der Bierbank zu. „Sehr gut, genauso war’s richtig, das so zu machen“, sagt er. Immerhin habe Söder eine verdammt schwierige Aufgabe gehabt.

Erst einen Tag zuvor hat der Ministerpräsident bekannt gegeben, Aiwanger im Amt zu behalten. Es sei „unverhältnismäßig“, ihn zu entlassen. Es gebe ja keine Beweise dafür, dass er das antisemitische Flugblatt selbst verfasst habe.

So sieht man es auch an den Biertischen. „Und selbst wenn er es geschrieben hätte“, sagt Max K., „das alles ist jetzt 35 Jahre her.“ Söder habe genau richtig reagiert, meint der 45-Jährige. Und dass die „SZ“ so kurz vor der Landtagswahl über die Vorwürfe gegen Aiwanger berichtet, sei ein „abgekartetes Spiel“. „So was regt den Wähler auf.“ Für seinen Spezl Stephan D., 48, hat der Freie-Wähler-Chef sogar noch an Sympathiepunkten dazugewonnen. „Dieses Flugblatt war natürlich Mist“, meint er. „Aber warum spricht niemand über unseren Lügen-Kanzler, der sich nach fünf Jahren nicht mehr an seine Cum-ex-Geschichten erinnert? Und da ging es um richtig viel Geld.“

In Bayern schätzt man Aiwanger und seine Art: immer bürgernah und greifbar. Gerade vielleicht noch mehr als je zuvor. Hört man sich an den Bierbänken um, scheint ihm der Polit-Skandal nicht geschadet zu haben. Im Gegenteil: So manch unentschlossener Wähler liebäugelt sogar hier, im CSU-Zelt, mit einem Kreuzerl beim kleinen Koalitionspartner.

„Die Norddeutschen wollen ja immer ein bisschen über uns stehen“, sagt Birgit von Paczensky aus dem niederbayerischen Neustadt an der Donau. „Die verstehen nicht, dass Deutschland ganz andere Probleme hat als ein 35 Jahre altes Flugblatt.“ Die 56-Jährige spricht von einer „politischen Hetzjagd“ der Medien. „Aiwanger hat gut darauf reagiert.“

Viele Menschen hier teilen diese Meinung: Aiwanger sei Opfer einer „Schmutzkampagne“, wie er selbst immer wieder zu sagen pflegt. CDU-Chef Friedrich Merz nimmt den bayerischen Wirtschaftsminister gar vor der anwesenden Presse in Schutz. „Ich habe in diesem Zusammenhang auch eine Bitte an die Medien“, sagt er und blickt tadelnd in die Menge. „Überlegen Sie sich gut, welche Verantwortung Sie auch haben in Deutschland.“

Merz und Söder wirken wie alte Kumpels. Bayern sei das „am besten regierte Bundesland in der Republik“, sagt Merz. „Danke CSU!“ Und Söder? Der macht sich nach der Rede erst mal über Merz’ Schweißtropfen auf dem Rednerpult lustig. Und stichelt dann: „Lieber Friedrich, du bist ein intellektueller Mann – obwohl du nicht Abitur in Bayern gemacht hast.“ Der CDU-Chef kann drüber lachen. Immerhin ist Bierzelt-Stimmung.

Ohnehin gibt es nur einen gemeinsamen Feind: die Ampel, allen voran die Grünen. „Die Grünen passen nicht zu Bayern, und deshalb wird es auch keine Grünen in der Staatsregierung geben, auf gar keinen Fall!“, verspricht Söder – und gibt einen kleinen Ausblick auf die Zeit nach der Wahl. Wird er Aiwanger noch mal zum Vize machen? Der tobenden Menge im Hofbräuzelt nach zu urteilen, ist das erst mal egal. Hauptsache nicht Grün.

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