Schon lange will die EU der Neuen Seidenstraße etwas entgegenstellen. Die Antwort war Anfang 2022 „Global Gateway“; so heißt das Programm, das bis 2027 rund 300 Milliarden Euro aus staatlichen und privaten Quellen mobilisieren will. Ein eigenes attraktives Programm, das Entwicklungsländer beim Aufbau wichtiger Infrastruktur und bei der Digitalisierung unterstützt – und Europa zugleich mehr geopolitischen Einfluss sichern soll.
Keine Kreditfallen, keine politische Abhängigkeit, lautet die Devise. Stattdessen transparent finanzierte zukunftsfähige Projekte. „Global Gateway steht für nachhaltige und zuverlässige Verbindungen für die Menschen und unseren Planeten“, heißt es bei der EU-Kommission.
Zu den ersten im Rahmen der Initiative finanzierten Projekten gehörten ein 6000 Kilometer langes Unterwasser-Glasfaserkabel zwischen Europa und Brasilien, eine 560 Kilometer lange Fernstraße in Kenia, ein Stromkabel unter dem Schwarzen Meer, eine Brücke zwischen Kamerun und Nigeria und ein Wasserkraftwerk in Tadschikistan.
Heute liegt nach langen Diskussionen zwischen der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten eine Liste von 87 Projekten vor, die noch 2023 an den Start gehen sollen, die meisten in Afrika. Die EU solle bei allem Engagement darauf achten, dass Global Gateway am Ende nicht die Seidenstraße nachahmt, warnt José Ignacio Torreblanca, Madrid-Büroleiter von der Denkfabrik European Council of Foreign Relations. Die EU könne nicht die gleichen Ressourcen aufbringen wie China, dessen Projekte zudem selten zu Industrieansiedlungen oder Arbeitsplätzen in den Empfängerländern führten. CHRISTIANE KÜHL