München – Es passiert im Norden und Osten Deutschlands, in den Niederlanden, in Großbritannien: Kirchen werden profaniert – sie verlieren ihre Weihe, werden verkauft oder abgerissen. Die enormen Austrittszahlen und der damit erwartete Einbruch bei der Kirchensteuer zwingen die Bistümer, ihre Immobilien zu hinterfragen. Das schließt Kirchen und Kapellen ein, zumal Unterhalt und Erhalt der Gebäude viel Geld kosten.
Im Erzbistum München und Freising ist man bisher noch weit davon entfernt, Kirchen umzuwidmen, zu verkaufen oder abzureißen. „St. Benedikt in Ebenhausen ist ein absoluter Einzelfall“, beteuert Marcus Nelles, der als Kirchenrechtler im erzbischöflichen Ordinariat mit dem Thema befasst ist. In „verweltlichte“ Gotteshäuser in anderen Diözesen ziehen Restaurants oder Cafés ein, meist werden sie aber als Verwaltungsgebäude von kirchlichen Trägern oder als Buchläden genutzt. Deutschlands Bischöfen ist eine würdige Nutzung wichtig. Wohnen, Leben, Arbeiten sind würdig. Ein Nachtclub oder eine Diskothek sind freilich tabu.
Im kirchlichen Gesetzbuch, dem Codex Iuris Canonici von 1983, ist die Profanierung nur kurz behandelt. Ob eine Kirche profaniert werde, „entscheidet der Ortsbischof in Absprache und nach Anhörung des Priesterrats“, erklärt Nelles. Die Aufgabe einer Kirche sei wesentlich und keine Entscheidung allein einer Pfarrgemeinde. Und: „Das Heil der Seelen darf keinen Schaden nehmen“ – die weitere Seelsorge muss sichergestellt sein.
Die Profanierung eines „heiligen Orts“ ist ein längerer Prozess. Im Fall Ebenhausen wurde die Aufgabe der Kirche von der örtlichen Gemeinde angeregt. „Dann schaut sich das der für das Gebiet zuständige Bischofsvikar an, der auch im Blick hat, was vor Ort gebraucht wird.“ Die Seelsorgsregion gibt ein Votum dazu ab. Dann wird das Ressort für Grundsatzfragen und Strategie eingebunden, das eine Analyse des Pastoralraums erarbeitet: „Wie viele Katholiken leben dort, wie alt sind sie, wie beweglich? Wie werden die Kirchenräume genutzt? Es wird der Bedarf erhoben – und das Ressort gibt ein Votum ab über das zukünftige Pfarrei-Leben.“ Eingeschaltet ist auch die Bauabteilung, die über den Zustand des Gebäudes berichtet.
Die Profanierung an sich geschieht kirchenrechtlich durch den Erlass eines Dekrets des Erzbischofs. Die Kirche wird „profanem, aber nicht unwürdigem Gebrauch“ zurückgegeben, sagt Nelles. Dazu werden in einem letzten Gottesdienst die Reliquien aus dem Altar entnommen, Tabernakel und Taufstein sichergestellt. Vielleicht finden sie einen Platz in einer anderen Kirche. Es wird auch dafür gesorgt, dass die Reste des Altars nicht zweckentfremdet werden.
Die Aufgabe einer Kirche ist besonders emotional, sollte sie abgerissen werden. Die Deutsche Bischofskonferenz hat 2003 eine Arbeitshilfe zur „Umnutzung von Kirchen“ veröffentlicht. Darin wird ein Ritus vorgeschlagen, mit dem die Gemeinde Abschied nehmen kann und der, wenn möglich, vom Bischof gehalten werden soll. Die Reliquien und die geweihten Hostien sollen in einer Prozession zum neuen Gottesdienstort der Gläubigen gebracht werden. Dann wird das Ewige Licht gelöscht, der Bischof segnet die Gemeinde – der Auszug soll in aller Stille erfolgen. CLAUDIA MÖLLERS