Landesgartenschau: Zwei Orte wachsen zusammen

von Redaktion

VON THOMAS JENSEN

Kirchheim bei München – Ein abgesperrtes Gelände nördlich der Staatsstraße in Kirchheim bei München. Eigentlich darf hier niemand rein. Nur diejenigen, die hier eine Mission haben: die neuen Bürgergärten zu pflegen, damit sie rechtzeitig zum 15. Mai 2024 erblühen – dem Start der Landesgartenschau.

Lisa Haberlander kümmert sich gerade um ihren Garten. „Brennnessel, Frauenmantel und Ananas-Salbei“, erklärt sie und deutet auf die Gewächse: „Und normaler Salbei auch.“ Mit ihrem Konzept des Kräutergartens hat sie sich gegen andere Bewerber durchgesetzt. So wie sich die Gemeinde 2018 mit ihrer Bewerbung um die Landesgartenschau durchgesetzt hat.

Damals war klar, dass ein verbindender Park für beide Gemeindeteile geschaffen werden soll (siehe Interview unten). Frühere Ideen, was aus der einstigen Brache samt Bauerwartungsland und landwirtschaftlichem Gebiet werden soll, waren in den Jahrzehnten zuvor gescheitert. Auch weil Bürger befürchteten, in ihren jeweiligen Ortsteilen etwas aufgeben zu müssen.

1978 waren die einst selbstständigen Gemeinden im Rahmen der bayerischen Gebietsreform zusammengelegt worden. Aus Kirchheim und Heimstetten wurde Kirchheim bei München – schmerzhaft für viele Heimstettener. Ihre Identität bewahrten sich jedoch beide. Eigene Gaststätten, Maibäume, Sportvereine. Als der SV Heimstetten und der Kirchheimer SC sich in der Bayernliga im Juli zum ersten Pflichtspiel-Derby seit Jahrzehnten trafen, kamen über 1400 Zuschauer in den Heimstettener Sportpark. Doch so wie der Charakter der Ortsteile blieb, blieb die Fläche zwischen ihnen unbebaut – wie eine klaffende Lücke trennte sie, was formell vereint war.

Das wird nun anders: Im Rahmen der Strategie Kirchheim 2030 entstehen neben dem Park, der auch nach der Gartenschau bleibt, zahlreiche öffentliche Einrichtungen. Ein neues Rathaus und ein neuer Bürgersaal wirken schon fast fertig. Neue Schulen und Kitas erweitern die Schulen und das Jugendzentrum, die schon am Gelände liegen. Es gibt Spielplätze im Park – einer soll der größte im Landkreis werden. Und die Hauptstraße soll nun nicht mehr durch das Gebiet führen, sondern außenrum. Der Park wird autofrei. Außerdem entsteht Wohnraum für circa 3000 Neubürger.

Noch vielfältiger als die Bauvorhaben sind die Pflanzen, die aus den Parzellen um Haberlander herausragen: von kleinen Blütenträgern bis zur Sonnenblume. Konkurrenz unter den Gärtnern gibt es nicht. „Gegen die vielen Schnecken habe ich Hilfe bekommen“, erzählt Haberlander, die zum Verein Freundeskreis der Landesgartenschau gehört. Darin haben sich Bürger zusammengeschlossen, die ihre Ideen für den Park einbringen. Sie übernehmen ehrenamtliche Aufgaben und bemühen sich auch abseits des Events um das Zusammenwachsen der Gemeindeteile. Auf der Gartenschau werden sie als Aussteller mit einem eigenen Pavillon 145 Tage präsent sein.

Der Rest entsteht unter Beteiligung zahlreicher Firmen, von Baumschulen bis zu Gärtnereien über eine Seilfabrik. Sie arbeiten in den fünf Sphären Garten, Wildnis, Wasser, Wald und Wiese. Während die Gartensphäre mit den Bürgergärten jetzt schon mit bunten Blüteninseln gesprenkelt ist, mischen sich in den anderen vier Sphären der Gartenschau noch eher Grün, Grau und Baustellenfahrzeuggelb. Schweres Gerät rumpelt über Kieswege.

Wobei manches auch gelassen wird, wie es ist. In der Sphäre Wildnis wird lediglich die schon vorhandene Wildnis erlebbar, aber nicht an jeder Stelle begehbar gemacht. „So schützen wir Lebensräume“, erklärt Sophia Schreib, Sprecherin der Kirchheim 2024 GmbH. Ein bisschen wurde die Wildnis allerdings entrümpelt. Waschmaschinen wurden aus dem Unterholz gezogen und neben dem Jugendzentrum wartet ein Autowrack auf die Entsorgung. Wenn im Mai die Landesgartenschau mit über 90 Ausstellungsbeiträgen und Kulturprogramm beginnt, wird es längst verschwunden sein.

Artikel 2 von 4