SPD-Fraktion vor großem Umbruch

von Redaktion

München – Nein, Wehmut klingt anders, ganz anders. „Ich habe nicht mehr die Energie, der Tank ist nach 15 Jahren nicht mehr voll“, sagte Natascha Kohnen vor einigen Wochen zur „Staatszeitung“. „Mir geht es gut damit. Politiker sollten auch gehen können.“ Kohnen (55, SPD) wird bei der Wahl nicht mehr kandidieren, von jetzt an in gut einem Monat nicht mehr Politikerin sein.

Kohnen ist das bekannteste Gesicht des anstehenden großen Generationswechsels in der Fraktion. Fast die Hälfte der 21 Abgeordneten kandidiert nicht mehr. Die Neubibergerin, die insgesamt über ein Jahrzehnt Generalsekretärin und Landesvorsitzende der Bayern-SPD war, dazu zwei Jahre stellvertretende SPD-Chefin im Bund, geht zwar ohne böse Worte, tritt nicht in Interviews nach. Aber sie erlebte, dass auch jahrelanger Einsatz die SPD noch nicht mal in die Nähe einer Regierungsbeteiligung brachte. Im Gegenteil: Mit Kohnen als Spitzenkandidatin halbierte die SPD bei der Wahl 2018 ihre Werte, sank auf unter zehn Prozent. Und die intensiv gepflegten internen Rivalitäten in Partei wie Fraktion hörten auch nicht auf. Das zermürbt.

Auch viele Fachpolitiker aus der geschrumpften Fraktion hören auf. Der Münchner Florian Ritter, Streiter für Bürgerrechte und gegen Rechtsextremismus, verlässt das Parlament nach 20 Jahren. Ebenso der Nürnberger Innenpolitiker und Feuerwehrler Stefan Schuster. Die Fraktion muss nach drei Jahrzehnten auf Harald Güller verzichten, einen kompetenten Haushaltspolitiker. Seine Karriere litt allerdings unter der rechtskräftigen Verurteilung in der Verwandtenaffäre 2014, Stichwort Stiefsohn als PC-Experte.

Regional ganz Bayern abzudecken, war für die SPD bisher unmöglich, riesige weiße Flecken gibt es etwa südlich von München. Der Wechsel macht auch die inhaltliche Abdeckung schwer.

Formal tritt die Fränkin Inge Aures, früher Vize-Präsidentin des Landtags, wieder an. Sie verzichtet aber auf einen Stimmkreis, kandidiert nur weiter hinten über die Liste. Das gilt als aussichtslos. Die langjährige Kulmbacher Oberbürgermeisterin war im Parlament ein Aktivposten unter anderem in den Landesbank-Wirren.

Wie viele Abgeordnete die SPD in den nächsten Landtag bringt, ist völlig offen. Bleibt es bei den mauen Umfragewerten, könnten es auch unter 20 sein. Florian von Brunn, der Chef, wird noch dabei sein; wohl auch Markus Rinderspacher, einer seiner Vorgänger, gute Chancen hat auch die Sozialpolitikerin Doris Rauscher. Die Fraktion wird auf jeden Fall kräftig durchgeschüttelt.  cd

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