6 FRAGEN AN
Saskia Hieber ist Expertin für den Asien-Pazifik-Raum an der Akademie für Politische Bildung in Tutzing – sie erklärt den Konflikt im Südchinesischen Meer.
Wie explosiv ist die Lage?
Schiffe Chinas beschießen philippinische Schiffe mit Wasserkanonen, drängen andere Schiffe ab oder versuchen, sie an der Durchfahrt zu hindern. Das tun sie bereits seit einigen Jahren. Bemerkenswert ist die „Grauzonentaktik“: Es sind nicht nur Schiffe der Marine oder der chinesischen Küstenwache, sondern auch kommerzielle Schiffe oder die maritime Miliz Chinas, die in andere Seegebiete gelegt werden. Es besteht die Gefahr, dass China eine Eskalation provoziert, um massiver, also auch mit Beschuss, zu agieren.
Könnte Washington in den Konflikt eingreifen?
Da genau liegt das Problem: Es scheint China darum zu gehen, zu demonstrieren, wie hilf- und verteidigungslos die Philippinen sind – und dass die USA nicht eingreifen. Das werden die USA vorerst auch nicht tun, zumindest nicht, solange die Situation nicht erheblich eskaliert, beispielsweise Schiffe sinken und Menschen ums Leben kommen.
Droht ein Krieg?
Wir müssen unterscheiden: Wenn China die Insel Taiwan beschießt und droht zu okkupieren, ist das eine Gefahr für das nördlich gelegene Japan und damit ein Fall für die amerikanisch-japanische Verteidigungsallianz. Washington ist zwar nicht verpflichtet, Taiwan unter allen Umständen zu verteidigen. Jeder Präsident hat sich aber dazu bekannt, die demokratische Entwicklung und die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Freiheiten in Taiwan zu schützen.
Und im Südchinesischen Meer?
Die Situation dort ist etwas anders. Das ist ein Regionalkonflikt, der möglichst von den Beteiligten in der Region gelöst werden sollte. Das ist auch die offizielle Haltung der USA – zumindest bisher.
Was erzielt China?
Es geht um Öl und Gas, um Fisch und Meeresfrüchte, um Raum, Einfluss und Prestige. Außerdem um die Sicherheit und Freiheit der Seeverkehrswege und ihre Kontrolle: Die Energieimport und -exportabhängigen Volkswirtschaften Ostasiens sind auf freie Seewege angewiesen.
Wie sollte sich Deutschland positionieren?
Klar aufseiten der USA. Berlin könnte Peking an die entsetzlichen politischen, wirtschaftlichen und humanitären Kosten erinnern, die im Falle eines Krieges im Westpazifik für die Volksrepublik entstünden.
Interview: Sven Hauberg