Das geheime Briefwahllager der Landeshauptstadt

von Redaktion

Rund 360 000 Münchner stimmen schon vor Sonntag per Post ab, ausgezählt wird dann ganz klassisch per Hand

München – Tief im Münchner Norden stehen sie: 2000 Tonnen voller Wahlbriefe. Darauf abgedruckt das Münchner Kindl. Der Standort der Sammelstelle ist geheim – außer für die Wahlhelfer und die Post. Jeden Morgen fahren die gelben Laster direkt vor die große Halle. Laster voller neuer Briefe. Die Helfer haben alle Hände voll zu tun.

„Die Landtagswahl ist eine Materialschlacht“, sagt Joachim Dyllick (56), Wahlleiter im Münchner Kreisverwaltungsreferat. „Es ist ein riesiges logistisches Verfahren.“ Bis Sonntag rechnet er mit rund 360 000 Wahlbriefen. Von den 912 000 Münchner Wahlberechtigten, schätzt er, nutzen etwa 75 Prozent ihr Wahlrecht – davon die Hälfte per Briefwahl, die immer beliebter wird. „Das Volk erwartet von uns, dass wir das als Großstadt hinbekommen“, sagt Dyllick. „Und wir meistern das auch.“

Die Logistik ist bis ins Detail organisiert. Die Post ordnet die Wahlbriefe den Münchner Bezirken zu. Ein Bezirk besteht aus vier Briefwahlbezirken. Insgesamt gibt es 500 Briefwahlbezirke. Die Wahlhelfer sortieren die dicken Kuverts mit den Stimmzetteln in Kisten und werfen sie dann in die richtige Urne, die so aussehen wie Mülltonnen, nur eben in Gelb. Ist eine Urne voll, wird sie versiegelt.

Pro Schicht arbeiten etwa 20 Wahlhelfer mit. So wie Niklas Fellner (22) und Hasan Barlas (60). Beide sind seit Jahren mit im Briefwahlteam. „Unsere Mitarbeiter arbeiten mit der größten Sorgfalt“, versichert Dyllick. Vorab nehmen alle an einer Schulung teil. Das Ziel: Jeder Wahlbrief landet in der richtigen Urne. Am Samstagmorgen erreicht die letzte Postfuhre die geheime Halle. Nachmittags werden die Urnen ins MOC-Center Freimann gebracht. Dort habe man mehr Platz zum Auszählen, sagt Dyllick. Ab 15 Uhr bereiten die Helfer die Auszählung vor. Das Team öffnet die roten Kuverts, trennt den Wahlschein von den beiden Wahlbriefen – Bezirk und Landtag. „So bewahren wir das Wahlgeheimnis“, sagt Dyllick. Jeder Wahlbetrug ist übrigens strafbar. „Allein der Versuch“, betont er. Wer also am Sonntagmorgen denkt, ein zweites Mal abstimmen zu können, täuscht sich. Sobald jemand Briefwahl beantragt, ist er für die Wahl im Wahllokal gesperrt.

Für Briefwähler ist es auch am Wahltag noch nicht zu spät. Bis Sonntag, 18 Uhr, haben die Münchner die Chance, an sieben Standorten ihre Wahlbriefe in den Wahlkasten zu werfen. Überall steht ein Fahrer, der mit laufendem Motor zum Stundenschlag die letzte Fuhre ins MOC fährt. „Und jedes Mal ist jemand dabei, der zur letzten Sekunde angerannt kommt“, sagt Dyllick und lacht.

Die Auszählung beginnt erst, wenn die letzten Wahlbriefe in Freimann angekommen und vorsortiert sind. Dann geht für die 6000 Helfer das Zählen los. Weitere 6000 Helfer zählen in den 500 Wahllokalen. Nichts geht über einen Computer. Alles mit Kopf und Hand, Stift und Papier. Am Ende führen beide Teams ihre Ergebnisse zusammen. „Die Auszählung läuft über den Menschen und ist transparent“, sagt Dyllick. „Das ist der Grundsatz der Wahl und damit der Demokratie.“ CARINA OTTILINGER

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