Tel Aviv – Drei Flugzeuge der Luftwaffe brachten am Wochenende 160 Deutsche in Sicherheit. Der erste Militärtransporter vom Typ A400M erreichte am frühen Sonntagmorgen den Militärflugplatz im niedersächsischen Wunstorf. Zwei weitere Transporter folgten, eine vierte landete gestern Abend in Tel Aviv. In den vergangenen Tagen hatte das Auswärtige Amt schon etwa 2800 Bundesbürger und Angehörige bei der Ausreise unterstützt, überwiegend mit Lufthansa-Sonderflügen. Die Airline hatte dann wegen Sicherheitsbedenken die Flüge eingestellt. Das Auswärtige Amt sprach eine Reisewarnung für Israel, den Libanon und die Palästinensischen Gebiete aus.
Derweil spitzt sich die Lage im Nahen Osten zu. Israel hat starke Kräfte am Gazastreifen zusammengezogen, mit einem baldigen Beginn der Bodenoffensive wird gerechnet. Man warte auf die „politische Entscheidung“, sagte ein Armeesprecher am Sonntag.
Nach wiederholten Angriffen der proiranischen Hisbollah-Miliz hat die israelische Armee einen vier Kilometer breiten Streifen im Grenzgebiet zur Sperrzone erklärt. Zugleich bemüht sich Israel um Entspannung mit der Hisbollah. „Wir wollen keine Eskalation der Lage“, sagte Verteidigungsminister Joav Galant. Der Gaza-Krieg werde intensiv, tödlich und genau sein, „und er wird die Lage für immer verändern“, sagte Galant. „Wenn die Hisbollah den Weg des Krieges wählt, wird sie einen sehr hohen Preis zahlen. Aber wenn sie sich zügelt, werden wir dies respektieren und die Lage so bewahren, wie sie ist.“
Der Iran hat Israel vor einem Einmarsch in den Gazastreifen gewarnt. Sollte Israel seine „Angriffe auf die wehrlose Bevölkerung des Gazastreifens fortsetzen“, könne niemand dafür garantieren, dass der Konflikt sich nicht ausweite, sagte Außenminister Hossein Amir-Abdollahian. Auch die USA befürchten ein Eingreifen des Iran. „Wir müsse uns auf alle möglichen Eventualitäten vorbereiten“, sagte der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Jake Sullivan.
Der frühere deutsche Botschafter in den USA und ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, warnt vor einem Flächenbrand im Nahen Osten. Reagiere der Iran etwa mit einer Blockade der Straße von Hormus, habe das gravierende Folgen für die Ölmärkte. „Jetzt kommt es darauf an, dass die Regierung in Israel nicht über das Ziel hinausschießt.“ Die USA müssten da mäßigend einwirken.
Die US-Regierung sicherte Israel alle Unterstützung zu, pochte am Wochenende gleichwohl auf einen Schutz der Zivilbevölkerung. „Wir wollen sicherstellen, dass unschuldige Palästinenser, die nichts mit der Hamas zu tun haben, in sichere Gebiete gelangen können, wo sie vor Bombardierungen geschützt sind und Zugang zu lebensnotwendigen Dingen haben“, sagte Sullivan. Der britische Außenminister James Cleverly sagte, es sei in Israels eigenem Interesse, zivile Opfer zu vermeiden, denn die Hamas wolle den Konflikt in einen größeren arabischen-israelischen Krieg verwandeln.
Im Gazastreifen wird die Situation immer dramatischer. Mehr als zwei Millionen Menschen sind von Versorgungsgütern abgeschnitten. Gestern Abend gab Israel bekannt, dass es die Wasserversorgung im Süden des Gazastreifens wieder aufgenommen habe. Dies werde die Zivilbevölkerung dazu bringen, den Norden des Palästinensergebiets Richtung Süden zu verlassen, erklärte Energieminister Israel Katz.
Nach Angaben der Hamas-Regierung gibt es bisher 2670 Tote und 9600 Verletzte durch israelischen Beschuss. Auf israelischer Seite wurden nach vorläufigen Angaben mehr als 1300 Menschen getötet, überwiegend Zivilisten. Nach Schätzungen der UNO sind rund eine Million Palästinenser auf der Flucht. Allerdings ist der einzige wirkliche Fluchtweg, der Grenzübergang zu Ägypten, geschlossen. Israel wirft der Hamas vor, die Flucht zu blockieren, um Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu benutzen.