BESUCH IN ISRAEL

Joe Bidens schwierige Gratwanderung

von Redaktion

Washington – Kurz nach dem Angriff der Hamas auf Israel gab es eine erste Stellungnahme der US-Regierung auf der Internetseite „X“ (ehemals Twitter) mit der Aufforderung, Israel müsse von „Gewalt und Vergeltungsangriffen absehen“. Stunden später ließ das Weiße Haus den Eintrag wieder löschen. Stattdessen betonten die USA das Recht Israels auf Selbstverteidigung. Im internen Nachrichtensystem der US-Diplomaten kursierte eine Direktive, Begriffe wie „Deeskalation“, „Waffenstillstand“ oder „Ende der Gewalt“ zu vermeiden, weil das als einseitige Stellungnahme zulasten Israels gesehen werden könnte. Das wollten die USA als Schutzmacht Israels unbedingt vermeiden.

Im Vorfeld des für heute geplanten Besuchs von US-Präsident Joe Biden in Israel hat sich die Tonlage geändert. Das Weiße Haus richtet verstärkt mahnende Worte an Israel, beim Gegenschlag nicht zu überziehen. Mehrfach betonte Biden im TV, der Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen müsse gesichert sein: „Ich bin zuversichtlich, dass Israel im Einklang mit den Regeln des Krieges vorgehen wird. Es gibt Standards, an die sich demokratische Institutionen und Länder halten“, so Biden. Er sei sicher, dass den Unschuldigen im Gazastreifen der Zugang zu Medizin, Nahrungsmitteln und Wasser ermöglicht werde. Tatsächlich stellte Israel auf Druck der USA in Süd-Gaza wieder das Wasser an. Und es richtet Korridore ein, um Palästinensern die Flucht aus Nord-Gaza zu ermöglichen.

Der Konflikt bringt Biden in die Zwickmühle. Einerseits betonen die USA ihre uneingeschränkte Solidarität mit Israel, andererseits wächst der Druck der arabischen Staaten, allen voran Iran und Katar. Der Hamas-Förderer Iran hat klargemacht, dass er bei einer israelischen Offensive im Gazastreifen keine hohen zivilen Verluste dulden werde.

Zwar bietet der Konflikt für Biden Chancen, sich zu profilieren, aber die Risiken sind groß. Einen Flächenbrand, der die USA zu einem militärischen Eingreifen zwingen könnte, will Biden auch mit Blick auf die Wahlen 2024 unbedingt vermeiden. Aus dem Kampf gegen den Islamischen Staat und Al Kaida wissen die USA zudem, dass der Kampf gegen nicht uniformierte Terroristen inmitten von Zivilisten schnell unschöne Bilder produziert. Auch wächst die Kritik, die USA hätten den Kern des Nahost-Konflikts zu lange vernachlässigt. Biden hat nun die Richtung aufgezeigt: „Es muss einen Weg zu einem palästinensischen Staat geben.“

Heute will Biden nicht nur Israel einen Solidaritätsbesuch abstatten, sondern im Anschluss auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi in Jordanien treffen.  fd/wha

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