München – Die Zinswende ist da – und trotzdem schauen Sparer weiter in die Röhre. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) zahlt Banken zwar wieder vier Prozent Zins, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Die meisten Banken geben das aber längst nicht voll an ihre Kunden weiter, sondern speisen sie fast wie zur Nullzinszeit mit Minizinsen ab. Das ist schmerzhaft, denn durch die derzeit hohe Inflation verliert das Geld auf den Sparkonten an Kaufkraft.
Für Sparer bedeutet das: entweder der schleichenden Entwertung zusehen – oder nach Alternativen suchen, in die man wenigstens einen Teil des Kapitals anlegen kann und die mehr Ertrag bringen. Doch Vorsicht: Nicht jede Anlage, auf die es einen Sparplan gibt, ist wirklich zum Sparen geeignet. Hier die wichtigsten Anlagemöglichkeiten in der Übersicht.
Aktien: Besser als ihr Ruf
Sucht man einen Sündenbock für den schlechten Ruf von Aktien, könnte man die Telekom nehmen: Das Staatsunternehmen kam 1996 an die Börse und sammelte im Internethype bis 1999 über Kapitalerhöhungen Geld bei Anlegern ein. Bei der letzten Auktion wurden 66 Euro je Aktie fällig, danach stieg der Kurs auf den Rekordwert von knapp über 100 Euro – dann stürzte er ab. Heute kostet eine T-Aktie etwa 20 Euro. Das Debakel um die Telekom ist einer der Gründe, weshalb Aktien in Deutschland immer noch als riskanter Zock gelten. Weil das Papier als Volksaktie beworben wurde, griffen auch viele Privatanlegern zu und verbrannten sich die Finger.
Doch wer statt in Einzelwerte systematisch investiert, kann mit Aktien bestens für das Alter vorsorgen. Das sagen nicht nur Banker, sondern auch Wissenschaftler und Verbraucherschützer. Mit globalen Aktien konnte man in den vergangenen 30 Jahren im Schnitt acht Prozent Rendite pro Jahr erzielen, rechnet etwa das Deutsche Aktieninstitut vor: trotz Internetblase, Finanzkrise, Eurokrise, Corona-Crash und Ukraine-Krieg. Bei Anleihen oder Festgeld war es nur ein Bruchteil davon.
Das Mittel der Wahl: ETF genannte Indexfonds auf den globalen Aktienindex MSCI World. Der Index mit seinen 1500 Unternehmen aus 23 Industriestaaten gilt als Allzweckwaffe für die Börse und kostet kaum Gebühren. „Ja, ein ETF reicht für die optimale Aktienanlage“, schreibt die Stiftung Warentest über ihn. „Und nein, mit einem komplexeren Portfolio holt man nicht automatisch mehr aus den Märkten heraus.“ Wer erfolgreich sein will, brauche nur Zeit. Selbst bei schlechtestem Timing sank die Wahrscheinlichkeit nach zehn Jahren statistisch gegen null, mit dem MSCI World Verluste zu machen. Reich muss man für Aktien auch nicht sein. Über Sparpläne kann man ETFs schon ab 25 Euro im Monat besparen.
Doch was ist mit Markt-Timing und heißen Wetten auf Einzelwerte? „Wer Spaß am Investieren und der Börse hat, kann sich austoben“, sagen auch die Verbraucherschützer. Allerdings sollte man das nur mit einem kleinen Teil seines Kapitals machen, während man den Rest breit und langfristig investiert. Denn Kursbewegungen an der Börse sind kurzfristig nicht vorherzusagen.
Anleihen: Endlich halbwegs attraktiv
In der Nullzins-Ära war mit sicheren Anleihen zahlungskräftiger Staaten wenig zu holen: Wer Deutschland vor ein paar Jahren Geld für überschaubare Zeit leihen wollte, musste damals noch draufzahlen – verkehrte Welt. Schuld waren der negative Leitzins und die niedrige Inflation, denn beides beeinflusst die Anleihezinsen. Wer Papiere mit ordentlichen Zinsen wollte, musste auf immer windigere Schuldner ausweichen, sogenannte deutsche „Mittelstandsanleihen“ zum Beispiel. Die hatten wenig mit echtem Mittelstand zu tun, waren dafür aber sehr riskant – was sich für Anleger regelmäßig rächte, weil einige Firmen aus diesem Segment Pleite gingen.
Heute sieht die Welt für Anleiheinvestoren aber wieder besser aus: Deutsche Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit bieten immerhin wieder rund drei Prozent Rendite – die Anleihe gilt als risikolos und damit als Maßstab für Anleiheemittenten.
Damit kann es sich auch für Sparer wieder lohnen, einen Blick auf die Anleihemärkte zu riskieren. Besonders spannend dabei: hochklassige Unternehmensanleihen. Denn wenn selbst der deutsche Staat schon drei Prozent bietet, müssen die Firmen, bei denen das Pleiterisiko naturgemäß höher ist, noch etwas obendrauf legen. So findet man derzeit Anleihen von sehr soliden Autobauern, Versorgern oder Pharmafirmen mit wenigen Jahren Laufzeit, die bis zu fünf Prozent Rendite bieten.
Wer Spargeld in Einzelanleihen legen will, sollte sich aber sehr gut mit dem Metier auskennen. Die meisten Privatanleger scheitern schon an der Kalkulation der Anleiherendite, die sich aus dem Zinskupon, dem Kurs und der Restlaufzeit errechnet. Wer hier schon verzweifelt, sollte eher zu Anleihenfonds und -ETFs greifen – möglichst mit Papieren von sehr soliden Staaten und Unternehmen (Investment Grade) und auf Euro-Basis, damit sich keine Währungsrisiken ergeben.
Was man aber wissen muss: Historisch gesehen sind hier im Schnitt auch nicht mehr als drei bis fünf Prozent drin. Das ist weniger als bei Aktien. Zudem kommt man fast auf ähnliche Zinserträge, wenn man von einem Festgeld-Angebot zum nächsten hüpft. Dabei muss man dann, anders als bei Anleihen, weder Kursschwankungen verkraften noch Pleiterisiken im Blick behalten.
Tages- und Festgeld: Es gibt wieder Zinsen
4,75 Prozent Zinsen – das ist mehr als die September-Inflation von 4,5 Prozent. „Zum ersten Mal seit der Zinswende können sich Sparer mit klassischen Festgeldanlagen Erträge oberhalb der aktuellen Inflationsrate sichern“, jubelte vergangene Woche das Vergleichsportal Verivox. Das Top-Angebot von 4,75 Prozent bot zuletzt die französische BGFIBank Europe für Festgeld mit einjähriger Laufzeit an, wie die Zeitschrift „Finanztest“ der Stiftung Warentest in ihrem jüngsten Zinsvergleich berichtet (11/2023). Festgeld bedeutet: Das Geld wird für eine fest vereinbarte Laufzeit bei der Bank geparkt, in dieser Zeit hat der Sparer keinen Zugriff auf das Geld – dafür sind die Zinsen beachtlich (siehe Tabelle). Und da erste Banken aktuell wieder damit anfangen, Zinsen zu senken, ist bei der Festgeld-Anlage der Zins für die Laufzeit garantiert – eine Anlage kann sich lohnen. Übrigens empfiehlt die Stiftung Warentest in ihrer Bestenliste nur Banken aus EU-Ländern mit Topbewertungen der großen Ratingagenturen.
Wer darauf angewiesen ist, regelmäßig Zugriff auf das Ersparte zu haben, für den ist Tagesgeld interessant. Und auch hier gibt es wieder Zinsen: 4,0 Prozent gab es laut „Finanztest“ zuletzt auf einem Tagesgeld-Konto von Trade Republic. 3,7 Prozent bot die J&T Direktbank.
Gold: Nur glänzend in der Krise
Die Krise im Nahen Osten, der Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation, die schwächelnde Weltwirtschaft: Krisen, wo man hinschaut. Deshalb überrascht es nicht, dass die Angstwährung Gold sich auf einem Höhenflug befindet. In den vergangenen Wochen hat der Goldpreis um rund zehn Prozent zugelegt, im letzten Jahr um rund 20 Prozent – und das, obwohl die Zinsen in dieser Zeit gestiegen sind, was Gold üblicherweise zusetzt. Goldfans prophezeien deshalb, dass der Höhenflug weitergeht.
Doch solche Prognosen waren in der Vergangenheit oft nur leere Versprechungen. Das Aufwärtspotenzial bei Gold sei begrenzt, warnt auch die Rohstoffexpertin Thu Lan Nguyen von der Commerzbank. „Denn eine Zinswende in den USA, die Gold deutlichen Auftrieb verleihen könnte, dürfte wohl später kommen als wir bisher erwartet haben.“ Wer in Gold investieren möchte, sollte sich also klar sein, dass mögliche Erträge kaum kalkulierbar sind. Als Sparprodukt eignet sich das Edelmetall jedenfalls nicht, obwohl so manch findiger Anbieter Gold-Sparpläne offeriert, oft zu völlig überteuerten Preisen.
Und noch ein weiteres Argument spricht gegen Sparen mit Gold: Schließlich zahlt das Edelmetall weder Zinsen noch Dividenden. Dafür fallen Handels- und Verwahrkosten an, wenn man Gold in Form von Barren und Münzen kauft und in Tresoren lagert. Zudem schwankt der Goldpreis stark. Dafür kann Gold ein Portfolio in Krisenphasen etwas stabilisieren, weil es meist dann glänzt, wenn andere Anlageklassen wie Aktien schwächeln.
Verbraucherschützer raten deshalb zu einer kleinen Beimischung von maximal fünf bis zehn Prozent. Am einfachsten geht das mit Produkten wie Xetra-Gold oder Euwax-Gold II, die den Goldpreis eins zu eins abbilden und physisch mit Gold hinterlegt sind. Eventuelle Gewinne dort sind wie bei Goldbarren nach einer Haltedauer von zwölf Monaten von der Abgeltungssteuer befreit. Wichtig: Gold darf nur ein kleiner Vermögensbaustein sein, sonst wird es selbst zum Risiko.
Kryptowährungen: Willkommen im Casino
Um Kryptowährungen gab es in den vergangenen Wochen einen großen Rummel. Der Grund: Der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock will einen Indexfonds auflegen, der das Auf und Ab des Bitcoinkurses abbildet und soll dabei in den USA kurz vor der Zulassung stehen. Durch den leichteren Zugang zu Bitcoin könnte viel frisches Geld in das Kryptouniversum fließen, das als alternatives Geldsystem gedacht war. Das ließ den Kurs der Internetwährung steigen: in 24 Stunden um mehr als zehn Prozent, auf eine Woche gerechnet um rund ein Viertel.
Wie es weitergeht? Selbst für Experten ist das schwer einzuschätzen. „Wir werden in zwei bis drei Wochen sehen, ob das eine substanzielle Entwicklung ist oder nur ein Sturm im Wasserglas“, sagt Professor Philipp Sandner vom Blockchain Center der Frankfurt School of Finance. Zu oft gab es bei der Digitalwährung in den vergangenen Jahren Spekulationsblasen, die dann aber wieder platzten. So kostete ein Bitcoin Ende 2021 fast 70 000 Dollar, bis Frühjahr 2022 brach der Kurs auf rund 15 000 Dollar ein, heute steht er bei etwa 35 000 Dollar.
Erste Banken wie die Volksbank Mittelbayern bieten mittlerweile zwar Sparpläne auf Bitcoin an. Doch die haarsträubenden Kursschwankungen machen die Kryptowelt zu einem riesigen Casino, auf das man beim Sparen und bei der Altersvorsorge lieber nicht vertrauen sollte. „Ob sich Bitcoins, Varianten davon oder andere Kryptowährungen mittelfristig als Alternative zu herkömmlichen Geldsystemen durchsetzen, kann heute niemand seriös vorhersagen“, erklärt der Verbraucherzentrale Bundesverband. „Die Entwicklung der letzten Jahre ging immer mehr weg von der Idee eines alternativen Zahlungsmittels und hin zu einem Spekulationsobjekt.“ Bitcoins seien wegen der enormen Risiken – von Kursschwankungen bis zu Hackerangriffen – nicht als Sparanlage zu empfehlen, warnen die Verbraucherschützer.