München – In der Sekunde ihres Amtsantritts stehen sie alle im Halbkreis im Landtag: 14 Minister, drei Staatssekretäre legen kollektiv ihren Eid ab. Seit Mittwochmittag ist die neue Regierungsmannschaft also im Dienst. Für die wenigsten von ihnen war es der erste Amtseid.
Joachim Herrmann: Der Innenminister, seit 16 Jahren im Amt, stand keine Sekunde zur Disposition. Sicherheit ist (neben Bildung) das Kernkompetenzthema der Landespolitik, Bayern steht gut da. Der 67-jährige Mittelfranke verkörpert das; fast immer in sich ruhend, mit der Materie jahrelang vertraut, bundesweit so gut vernetzt, dass er schon mehrfach als Bundesinnenminister gehandelt wurde. Weil das aktuell nicht ansteht, wird Herrmann seine (wohl letzte) Legislaturperiode in Bayern beenden. Staatssekretär bleibt Sandro Kirchner, ein Unterfranke und ebenfalls aus der CSU. Der 48-Jährige erhält den Spezialauftrag, die Digitalisierung der Ausländerämter und die neue Bezahlkarte für Flüchtlinge voranzutreiben. Albert Füracker: Der Finanzminister, privater Söder-Freund und Radl-Kumpel, war gesetzt. Der Oberpfälzer, Stimmenkönig bei der Landtagswahl, steht vor einer heiklen Aufgabe: Das Geld wird knapper, der 55-Jährige muss es zusammenhalten, Schulden sind tabu. Er soll auch Söder Wünsche abschlagen, soweit möglich. Der gelernte Landwirt ist einer jener wenigen Politiker, die gern auf eine dicke Schlagzeile verzichten. Deshalb sagt er auch nie öffentlich, was er von den Freien Wählern und Hubert Aiwanger hält. Tipp: ziemlich wenig. Neuer Staatssekretär wird Martin Schöffel aus Wunsiedel (46), eigentlich Agrarexperte der CSU im Landtag. Er soll emsig im Land unterwegs sein, ist leutselig und gilt auch als guter Bierzeltredner.
Georg Eisenreich: Dass er Justizminister bleibt, der zweite Münchner im Kabinett, war vorher nicht allen klar. Der 52-Jährige, ein kantig Konservativer, führt das Amt seit 2018 aber ohne nennenswerten Ärger. Als Zusatzaufgabe, und dafür dürfte noch Raum sein, vertritt er Bayern fortan im ZDF-Fernsehrat. Den Informationsauftrag stärker in den Blick zu nehmen als Satire und Haltungsjournalismus, soll sein Rat an die Öffentlich-Rechtlichen sein.
Florian Herrmann: Als Leiter der Staatskanzlei ist der Minister der wohl wichtigste Söder-Vertraute. Der Jurist aus Freising, 51, gilt nicht als begnadeter Kommunikator, ist aber gewissenhaft, fleißig, striktest loyal. Zuständig ist er zudem für Medienpolitik, den BR-Rundfunkrat, ab jetzt auch für den Bereich Film. Eric Beißwenger: Ihn als neuen Europaminister? Das ahnte kaum jemand. Der Regionalproporz hilft dem Schwaben (51) ins Amt. Der Bezirksvorsitzende Klaus Holetschek pochte sehr auf einen Posten. Dort angekommen, werden dem gelernten Bankkaufmann und Landwirt die Sprachkenntnisse (Englisch/Französisch) und ein wahlweise smartes oder kerniges Auftreten helfen. Söder will ein schärferes Profil in der CSU-Europapolitik, 2024 ist ja Europawahl. Amtsinhaberin Melanie Huml traute er das so nicht mehr zu. Auffällig: Die 48-Jährige geht ohne erkennbare Bitterkeit, verweist zwar auf ihre Verdienste, sagt aber schlicht: „Ich schau’ mit Dankbarkeit auf 16 Jahre.“
Markus Blume: Als Wissenschaftsminister treibt der 48-jährige Münchner die milliardenschwere Hightech-Agenda voran, ein zentrales Projekt der Söder-Politik. Blume, auch er eng an Söders Seite, ist im Amt unumstritten. Unausgesprochene Nebenaufgabe: Schatten-Wirtschaftsminister, weil Amtsinhaber Aiwanger eher an jagdpolitischen Fragen interessiert ist.
Christian Bernreiter: Klemmt die Drehtür im Ministerium? Im Ressort für Verkehr und Bauen wechselten die Chefs regelmäßig. Der 59-jährige Niederbayer, erst 20 Monate im Amt, bleibt. Es gibt viel zu tun: Der Wohnungsbau ist ein Megathema, die Verkehrsinfrastruktur auch. München will eine neue U-Bahn, das Land elektrifizierte Bahnstrecken. Aber es braucht auch neue Straßen und Sanierungen. Das bringt mühsame Debatten mit Bahn und Bund. Fast immer geht es ums Geld. Und für Bayern wird der Gestaltungsspielraum enger. Siehe Eintrag zu Albert Füracker.
Michaela Kaniber: Um ihr Agrarministerium musste die CSU kämpfen. Zu gern hätten es die Freien Wähler bekommen. Im Ergebnis ist die Ministerin, übrigens Wirtstochter mit kroatischen Wurzeln, gestärkt: Ihr Ressort gibt zwar das Jagdreferat ab ans Wirtschaftsministerium, erhält von dort aber die viele Milliarden Euro Umsatz schwere Abteilung Tourismus; also Hotels und Gastronomie. Die 46-Jährige aus Bad Reichenhall, verheiratet, drei Töchter, wird künftig offiziell auch Tourismusministerin sein. Sie ist eine enge Söder-Vertraute, sagt manchmal aber auch Nein: etwa, als er sie 2022 zur Generalsekretärin umschulen wollte. Schon seit einer Woche bekannt waren die Namen der fünf Kabinettsmitglieder der Freien Wähler. Parteichef Hubert Aiwanger bleibt Wirtschaftsminister, ergänzt durch Jagd und Forst und den Staatssekretär Tobias Gotthardt. Thorsten Glauber bleibt Umweltminister, muss lediglich Teile der Veterinärkontrolle abgeben, Fabian Mehring ist neuer Minister des weiter verkleinerten Digitalressorts. Anna Stolz ist die neue Kultusministerin, das große Haus muss fortan ohne Staatssekretär auskommen.
Außerdem gibt es noch eine Reihe an „Beauftragten“, mit denen die Höchstgrenze an Kabinettsmitgliedern umgangen wird. Hier sticht heraus, dass der Münchner Ludwig Spaenle (CSU), derzeit nicht im Landtag, Antisemitismusbeauftragter bleibt. Ein wichtiges Amt aktuell.