München – Ilka Horstmeier ist Personalchefin bei der BMW AG. Von 2010 bis 2011 leitete sie die Motorenproduktion am Standort München. Im Interview erklärt sie, warum der Abschied wehtut, aber eine Zukunftsentscheidung für den Standort München ist.
Frau Horstmeier, Sie haben den Motorenbau in München fast zwei Jahre lang geleitet, jetzt sind Sie Personalchefin bei BMW. Kriegen Sie Wehmut, wenn heute der letzte Motor vom Band läuft?
Natürlich. Als ich den Motorenbau geleitet habe, wurden knapp 80 000 Motoren pro Jahr in München gefertigt. Unsere Aufgabe war es, die Kapazität auf 700 000 Einheiten zu steigern. Das war eine intensive Zeit. Wer Motoren bei BMW baut, ist sehr stolz auf das, was er tut. Es sind ja auch viele beeindruckende Exemplare wie die Acht- und Zwölfzylinder aus München gekommen. In BMW steckt ja schon das Wort Motor. Das zeigt, wie wichtig Motoren immer für das Unternehmen waren.
Warum muss der Motorenbau eigentlich weg aus dem ältesten Werk?
Weil wir das Stammwerk in die Zukunft führen. Damit die nächste Generation der Elektrofahrzeuge – die Neue Klasse – in München gebaut werden kann, muss das Gelände komplett umgebaut werden. Dafür muss der Motorenbau weichen. Das ist generell so: Wenn etwas Neues kommt, muss etwas anderes gehen. In diesem Fall war es der Motorenbau, der nach Österreich und England zieht.
Wie haben die Mitarbeiter das denn aufgenommen?
Anfangs war es für viele ein Schock. Manche glaubten sogar, etwas falsch gemacht zu haben. Aber die Emotionen haben wir schnell aufgefangen, indem wir den Leuten eine Perspektive gegeben haben. Der Großteil der Mitarbeiter aus dem Motorenbau hat nun eine neue Aufgabe – etwa im neuen Batteriezentrum in Parsdorf oder an den Standorten München und Dingolfing. Wir haben alle rund 1200 Mitarbeiter im Münchner Motorenbau in neue Jobs bei BMW gebracht.
Jetzt baut BMW seine Motoren in Österreich und England. Ist das dort nur Motorenbau auf Zeit?
Wir liefern unsere Autos in 140 Märkte. Nicht überall wird sich die Ladeinfrastruktur gleich gut entwickeln. Deshalb fahren wir weiter mehrgleisig. Wir betreiben keinen Motorenbau auf Zeit, eher Motorenbau mit Weitsicht. Gleichzeitig machen Steyr in Österreich und Hams Hall in England auch Schritte Richtung Elektrifizierung, beide Werke haben also einen Fuß in der Zukunft.
Sechs-, Acht- und Zwölfzylinder waren die Herzstücke der Münchner Autos. Was sind in Zukunft die Herzstücke? E-Antriebe?
Mit den neuen Modellen zeigen wir, dass E-Mobilität alles andere als eine Verzichtserklärung ist. Das Herzstück eines BMW ist und bleibt die Freude am Fahren. Daneben werden andere Themen wichtig: Die Digitalisierung, die Vernetzung, aber wie schon immer auch das Design der Autos.
Elektromotoren gelten von der Bauweise her als eher simpel. Kann sich BMW dort überhaupt einen ähnlichen Ruf erarbeiten wie bei Verbrennern?
Selbst wenn zwei E-Maschinen die gleiche Leistung haben, heißt das noch lange nicht, dass die Autos gleich fahren. Es müssen auch Dinge wie die Leistungsentfaltung, der Antriebsstrang oder das Fahrwerk passen. Unsere Stärke war schon immer, das alles möglichst gut aufeinander abzustimmen – und das bleibt auch so.
Interview: Andreas Höß