„Wir sind fassungslos und tief getroffen“

von Redaktion

5 FRAGEN AN

Angela Inselkammer ist Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), betreibt den Brauereigasthof Hotel Aying und hat 120 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Frau Inselkammer: Wie ist Ihre Gemütslage?

Wir sind fassungslos und tief getroffen. Am Montag hatten wir noch die Nachricht bekommen, dass die Koalitionsspitzen sich geeinigt haben, die reduzierte Mehrwertsteuer noch ein Jahr weiterlaufen zu lassen. Dann kam das Urteil – und reflexartig sind wir die Ersten, die gekürzt werden.

Sie sehen einen direkten Zusammenhang zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Verschiebung der 60 Milliarden Euro vom Corona- in den Klimaetat für nichtig erklärt hat?

Eindeutig. Und das finden wir furchtbar. Eine Steuererhöhung auf Speisen ist ein fataler Irrweg.

Mal provokant gefragt: Ist das jetzt ein Jammern auf hohem Niveau oder droht Wirten und Gästen wirklich Schlimmes?

Vielen Gastronomen im Land steht das Wasser bis zum Hals. Wir haben drei schwere Jahre hinter uns – und jetzt kommt wieder ein Knüppel. Wir hatten Preiserhöhungen in erheblichem Maße: teurere Energie, 20 Prozent höhere Lohnkosten, 25 Prozent mehr Lebensmittelkosten. All das haben wir nicht eins zu eins an den Kunden weitergegeben, sondern großteils geschluckt. Jetzt kommen noch mal zwölf Prozent Steuer obendrauf. Das heißt, wir müssen die Preise erhöhen – obwohl unsere Gäste selber Probleme haben mit ihren Ausgaben.

In den meisten EU-Ländern hat die Gastro einen bevorzugten Steuersatz.

Die reduzierte Mehrwertsteuer machen andere EU-Länder ja nicht einfach so, sie ist ein Wettbewerbsargument. Bei uns ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit. Das Essen zum Mitnehmen bleibt ja bei sieben Prozent. Essen für Schulen und Kitas dagegen wird jetzt teurer um zwölf Prozent. Das ist eine krasse Ungerechtigkeit.

Haben Sie denn Hoffnung, dass es doch noch anders kommt?

Wir haben alle unsere Argumente breit und klar diskutiert – mit dem Bundeskanzler, dem Bundesfinanzminister, mit allen. Und alle hatten uns persönlich versichert, dass sie den niedrigeren Satz richtig finden. Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber dass sich noch was ändert, das bezweifle ich. Aber wir haben eine Menge Ministerpräsidenten, die auf unserer Seite stehen. Vielleicht haben die eine Möglichkeit, ihr Gewicht noch mal ins Spiel zu bringen.

Interview: Wolfgang Hauskrecht

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