Fernsehmomente für die Ewigkeit

von Redaktion

VON STEFANIE THYSSEN

München – Drei Tage geben Aufschluss über die Bedeutung des Ereignisses: So lange dauerte die Bewerbungsphase beim ZDF für ein Ticket. Über 70 000 wollten nach Informationen unserer Zeitung eine Karte für die letzte Ausgabe von „Wetten, dass..?“ mit Thomas Gottschalk. 2000 schafften es im Losverfahren und werden nun am Samstag in der Messe in Offenburg dabei sein, wenn ein Kapitel deutscher Fernsehgeschichte geschlossen wird. Denn auch wenn der Sender sich offenhält, ob das Format fortgesetzt wird – so, wie es war, wird es nie wieder werden.

Selten waren eine Show und ihr Moderator so eng miteinander verwoben wie Gottschalk und „Wetten, dass..? Zwei Stars sozusagen, die sich über die Jahrzehnte gegenseitig befruchtet haben – aber mit Gefälle. Der Unterschied zu den ersten „Wetten, dass..?“-Jahren war nämlich: Frank Elstner, der Show-Erfinder, Gentleman und Menschenfreund, hatte sich aufrichtig für seine Gäste und die Kandidaten interessiert. Bei Gottschalk ging es immer auch um: Gottschalk. Was hat er an? Welcher Frau fasst er diesmal ans Knie? Welchen schlagfertigen Witz haut er raus? Aber auch: welche Unverschämtheit? Fragen, die die TV-Nation beschäftigten am Tag vor der Sendung und am Tag danach.

Dabei lief „Wetten, dass..?“ nur sechs Mal im Jahr – auch diese Dosierung sorgte für den Event-Charakter, für das besondere Samstagabend-Gefühl bei Jung und Alt. Hinzu kamen: Gäste wie in keiner anderen Sendung. Von Michael Jackson bis Madonna, von Jopie Heesters bis Inge Meysel, von Sophia Loren bis Paul McCartney – Gottschalk hatte sie alle.

Gespräche führte er mit ihnen nur über das Nötigste. Um was geht’s im neuen Film? Oder, bei den Stars aus Übersee: Kannst du ein bisschen Deutsch? Mehr wollte (!) er gar nicht. Das war und ist bis heute Gottschalks (USA-geprägtes) Verständnis von Unterhaltung: Immer schön an der Oberfläche bleiben. Der 73-Jährige verstand nie, warum ihn die Kritiker dafür verrissen (und die Kritiken nach der Sendung hat er immer gelesen!). Das Publikum liebte ihn für genau diese Art. Man spürt, auch wenn man ihm persönlich begegnet, wie nahbar er ist. Und: Für ihn macht es keinen großen Unterschied, ob er einen Weltstar vor sich hat oder einen Wettkönig von der schwäbischen Alb.

Das System Gottschalk funktionierte viele Jahre wunderbar. So lange man „dem Thommy“ das Jungenhaft-Hemdsärmelige abnahm. Je älter er wurde, desto schwieriger wurde es. Das Nonchalante wich einer teils respektlosen Gleichgültigkeit gegenüber den Gästen – und der Show. Während andere sich das Hirn zermarterten über das, was nicht gut gelaufen war, flog er zurück nach Malibu, Kalifornien, wo er lange lebte. Er war dabei immer mit sich im Reinen. Das hat etwas Selbstgefälliges, ist aber auch eine Gabe. Ein Haderer hätte nie für so viel Heiterkeit sorgen können wie er.

Dem ZDF missfiel diese Art in den vergangenen Jahren zunehmend. Über manche Äußerung des Herbstblonden schüttelte man in Mainz den Kopf. Und so ist man dem Vernehmen nach ganz froh, dass dieser Abschied von „Wetten, dass..?“ endgültig ist. „Die Zeiten ändern sich, und ich habe die besten erlebt“, sagte Thomas Gottschalk vor wenigen Tagen. Und klagte einmal mehr darüber, dass man angeblich nichts mehr sagen könne ohne Schere im Kopf, von wegen Shitstorm und so.

Besonders aufgeregt sei er vor seinem Finale trotzdem nicht. „Rausschmeißen können sie mich ja nicht mehr“, frotzelte er. Trotzdem hört man, dass er seit Mittwoch probt – ungewöhnlich für ihn, der sich selten auf mehr als die Generalprobe am Freitag einließ. Er verließ sich immer auf sich – und das konnte er. Nun möchte er ein versöhnliches, unvergessliches Finale. Unbeschwert im besten Gottschalkschen Sinne. Ganz ohne Kloß im Hals wird es aber nicht gehen – Wetten, dass?

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