Tel Aviv – Für die Geiseln und die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist die Feuerpause ein Segen – für Israels Armee ein Rückschlag. „Aus militärischer Sicht ist es ein äußerst unwillkommenes Ereignis“, sagt der Militärhistoriker Danny Orbach von der Hebräischen Universität Jerusalem. „Die größte Gefahr ist, dass sie ihr Momentum verliert.“ Es sei, als stoppe man eine gut geschmiert laufende Maschine. „Sie wieder anzukurbeln wird schwerer sein.“
Die Kampfpause soll bis Dienstagfrüh dauern, könnte aber auf bis zu zehn Tage ausgedehnt werden. „Es ist ein schreckliches Dilemma für die israelische Regierung und die israelische Gesellschaft“, sagte auch Eran Lerman, Israels ehemaliger stellvertretender nationaler Sicherheitsberater, dem Magazin „Foreign Policy“. Die Armee sei aber in der Lage, die Kämpfe nach der Pause wieder aufzunehmen.
Die Hamas wird die Zeit laut Orbach nutzen, um sich neu zu organisieren. Die Terroristen könnten sich während der Feuerpause relativ frei bewegen. Israelische Medien warnen, die Hamas werde Waffen einschmuggeln und neue Vorräte aus Hilfsgütern anlegen. Orbach glaubt zudem, dass die Hamas Zivilpersonen zurück in den Norden bringt. „Die Hamas will Gefechte in dicht besiedelten Gebieten, denn die Zivilisten sind ihre Verteidigungsstrategie.“ Nach Augenzeugenberichten sind bereits Hunderte unterwegs, um im Norden nach Angehörigen zu suchen und nach ihrem Hab und Gut zu sehen. Israels Militär, das ein Verbot der Rückkehr aussprach, setzte demnach Tränengas und teilweise auch scharfe Munition gegen Palästinenser ein, um sie daran zu hindern.
Armee-Angaben zufolge bleiben die israelischen Soldaten innerhalb des Gazastreifens. Das Militär konzentriere sich auf die Planung der nächsten Kampfphasen, sagte Armee-Sprecher Daniel Hagari. Israel will zudem Waffen nachliefern und seine Stellungen ausbauen. Die israelische Luftüberwachung ist im Zuge des Deals im Süden des Küstenstreifens komplett und im Norden täglich für sechs Stunden eingestellt.
Nach der Feuerpause solle die Offensive mindestens zwei weitere Monate andauern, kündigte Verteidigungsminister Joaw Galant an. Orbach befürchtet, dass dann deutlich mehr israelische Soldaten getötet werden als bislang. „Letztendlich riskiert man das Leben der Soldaten, um das der Entführten zu retten.“ Dieses Opfer sei es den Israelis aber wert. Für den Ausgang des Kriegs ist die Pause laut Orbach nicht entscheidend. Israel könne den Krieg gewinnen, sofern der Druck – auch aus dem Ausland – einen dauerhaften Waffenstillstand zu schließen, nicht zu groß werde. dpa